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Robert Mueller übermittelte dem Justizministerium am Freitag seinen Abschlussbericht zu den Russland-Ermittlungen. Nun ist er in der Cause nur noch Beobachter.

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Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, forderte die vollständige Veröffentlichung von Muellers Bericht. Andernfalls werde man die Herausgabe mit parlamentarischen Mitteln erzwingen oder den Sonderermittler persönlich vorladen.

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Robert Mueller ist etwas gelungen, was im politischen Washington die Ausnahme ist: strikte Geheimhaltung. Ein Jahr, zehn Monate und sechs Tage hat der Sonderbeauftragte zur Russland-Affäre ermittelt, bevor er am Freitag seinen Bericht dem Justizminister übergab. Während der ganzen Zeit drang nichts aus seinem Team zu den zwei Fragen heraus, die Amerikas Öffentlichkeit umtreiben: Hat der Präsident der Vereinigten Staaten mit den Russen konspiriert, um die Wahl 2016 zu seinen Gunsten zu manipulieren? Und hat Donald Trump die Justiz behindert, um eine Aufdeckung der Vorfälle zu verhindern? Stattdessen erfuhr die Welt, dass der Sonderermittler zum Wochenausklang gerne im Nachbarschaftsrestaurant Jakobsmuscheln isst, während seine Frau Ann Caesar Salad mit Lachs bestellt.

Der 74-jährige ehemalige FBI-Chef und Vietnam-Veteran ist zum stillen Star von Trumps Amtszeit geworden. Denn obwohl er selbst schwieg, hat der Ermittler in den vergangenen beiden Jahren eine Menge Schmutz aufgewirbelt. Die Untersuchungen offenbarten, mit welch fragwürdigen Gestalten sich der amtierende Präsident in seiner Karriere umgeben hat und dass Lügen und Täuschen in seinen Kreisen zum Handwerkszeug gehören. Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort sitzt eine siebenjährige Haftstrafe ab, sein ehemaliger Anwalt Michael Cohen wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.

Fraglich allerdings ist, ob Mueller das gefunden hat, was die Republikaner fürchten und die Demokraten erhoffen: die "smoking gun", den schlagenden Beweis, dass Trump sich der Verschwörung mit den Russen und der Justizbehinderung schuldig gemacht hat. Auch nach der Vorlage des Berichts blieb der Öffentlichkeit zunächst nur das Rätseln. Zwar hat Justizminister William Barr zugesagt, den Kongress möglichst bald über die Ergebnisse zu informieren. Wie viel er preisgibt, steht allerdings weitgehend in seinem Belieben. Mit dem Verweis auf Geheimhaltungserfordernisse, Datenschutz und Exekutivrechte des Präsidenten kann Barr weite Teile des Inhalts unter Verschluss nehmen.

Persönliche Vorladung möglich

Die Demokraten bezweifeln daher, dass der von Trump erst kürzlich berufene Minister sein Versprechen von "so viel Transparenz wie möglich" einlöst. Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, forderte auf Twitter unter dem Hashtag #ReleaseTheReport die vollständige Veröffentlichung. Andernfalls werde man die Herausgabe mit parlamentarischen Mitteln erzwingen oder Mueller persönlich vorladen, drohen die Demokraten. Am Ende dürfte der Streit dann vor Gericht ausgetragen werden.

Trumps Gegnern schwant, dass sie belastendes Material gegen den Präsidenten, wenn überhaupt, nur in den Tiefen des Berichts entdecken dürften. Denn so viel ist immerhin schon aus dem Ministerium verlautet: Mueller empfiehlt keine weiteren Anklagen. Die Republikaner ziehen daraus den Schluss, dass die Vorwürfe in sich zusammengefallen sind. Die Parteivorsitzende Ronna McDaniel wies darauf hin, dass nicht ein einziger US-Amerikaner wegen Verschwörung mit Russland angeklagt worden sei, und fügte hinzu: "Warum? Weil es keine Absprachen gegeben hat." Es ist das, was Trump selbst geradezu manisch beteuert: "no collusion", hat er 231-mal getwittert oder erklärt. Einer Befragung durch Mueller allerdings hat er sich auf Anraten seiner Anwälte nicht gestellt – und dieser den Präsidenten dann auch nicht vorgeladen. Stattdessen hat Trump einen Teil der Fragen schriftlich beantwortet.

Untersuchungen im Kongress

Die Vorlage des Berichts kommentierte Trump, der das Wochenende in seinem Golfresort Mar-a-Lago in Florida verbrachte, zunächst nicht. Vor dem Abflug aus Washington hatte er wie auch andere republikanische Politiker für die Veröffentlichung des Dokuments plädiert – aber zugleich darauf hingewiesen, dass die Entscheidung dem Justizminister obliege.

So oder so dürfte die Sache für den Präsidenten aber nicht ausgestanden sein. Die Demokraten nutzen ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus für eine Vielzahl von Untersuchungen, die weit über die Russland-Affäre hinausgehen. Im Fokus stehen Trumps geschäftliche Unternehmungen genauso wie der Umgang der Regierung mit geheimen Informationen und Skandale von Kabinettsmitgliedern. Muellers Ermittlungen haben für das Wühlen im Sumpf reichlich Material geliefert.

So ist offensichtlich, dass Trumps Geschäftskontakte nach Russland länger bestanden, als er zugab, dass er gelogen und Schweigegelder gezahlt hat. In mindestens einem Dutzend Verfahren ermitteln inzwischen Staatsanwälte zum Gebaren von Trumps Firmen, Kampagne und Stiftung. Robert Mueller selbst ist in Zukunft nur noch Beobachter. Er ist in den Ruhestand zurückgekehrt und hat nun wieder mehr Zeit für das Restaurant um die Ecke. (Ines Zöttl aus Washington, 24.3.2019)