Über der Stadt Rafah im Gazastreifen stieg nach israelischen Angriffen Rauch auf.

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Auch Gaza-Stadt wurde Ziel israelischer Angriffe.

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Tel Aviv – Israel und die radikal-islamische Hamas haben sich am Montag nach Informationen aus Palästinenser-Kreisen auf eine Waffenruhe geeinigt. Vermittelt worden sei die Vereinbarung von Ägypten, sagte ein Palästinenser-Vertreter gegen 22 Uhr Ortszeit (21 Uhr MEZ). Von israelischer Seite gab es zunächst allerdings keine Bestätigung. Etwa eine Stunde später ertönte in Südisrael bereits erneut Raketenalarm.

Zuvor hatte Israel nach einem Raketeneinschlag im Großraum Tel Aviv Vergeltungsangriffe im Gazastreifen gestartet. Unter anderem wurde das Büro vom Hamas-Chef Ismail Haniyeh im Norden des Gazastreifens getroffen, ebenso Bürogebäude des militärischen Flügels sowie von Sicherheitskräften und den Geheimdiensten der Hamas. Aus dem Gazastreifen wurden daraufhin dutzende Raketen auf den Süden Israels abgefeuert. Israel stellte aus Sicherheitsgründen den Zugverkehr zwischen Tel Aviv und den Städten im Süden ein.

Zuvor hatte die israelische Armee bereits Gebiete in der Nähe des Grenzzauns zu Gaza abgeriegelt, landwirtschaftliche Arbeit dort wurde eingestellt. Weitere Raketenabfangschirme wurden landesweit aufgestellt, eine Infanterie- und eine Panzerbrigade in die Nähe des Küstenstreifens verlegt; Reservisten verschiedener Einheiten wurden informiert, dass sie eingezogen werden könnten.

Hamas bestreitet Angriff

Die Hamas hatte die Verantwortung für den Angriff vom Freitagmorgen von sich gewiesen. Man sei nicht an einer Eskalation interessiert, schließlich sei eine ägyptische Delegation auf dem Weg nach Gaza gewesen. Man würde nun untersuchen, wer die Rakete abgefeuert habe. Nach Angaben der israelischen Armee wurde die Rakete aber von einer Abschussrampe der Hamas abgefeuert. Es handele es sich nach Angaben einer Sprecherin um ein von der Hamas fabriziertes Exemplar mit einer Reichweite von bis zu 120 Kilometern.

Unterdessen hat Premier Benjamin Netanjahu, der derzeit in den USA unterwegs ist, angekündigt, seine Reise zu verkürzen. "Das war ein abscheulicher Angriff auf den Staat Israel, und wir werden mit Stärke darauf reagieren", sagte der Premier nach Gesprächen mit den Chefs von Armee, Inlandsgeheimdienst und Nationalem Sicherheitsrat. Netanjahu sollte eigentlich bei einer Konferenz der proisraelischen Lobbygruppe Aipac (American Israel Public Affairs Committee) in Washington eine Rede halten. Stattdessen will er am Montag direkt nach seinem Treffen mit US-Präsident Donald Trump zurück nach Israel fliegen.

Trump erkennt Israels Souveränität über Golanhöhen an

Trump hatte vor wenigen Tagen auf Twitter geschrieben, es sei an der Zeit für die USA, Israels Souveränität über die Golanhöhen anzuerkennen. Noch vor der Abreise Netanjahus unterzeichnete der US-Präsident Montag eine entsprechende Deklaration. Damaskus sprach von einen "abscheulichen Angriff auf die Souveränität und territoriale Integrität Syriens". Der Beschluss des US-Präsidenten sei der höchste Grad an Missachtung und ein Schlag gegen die internationale Gemeinschaft, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Sana aus Kreisen des Außenministeriums. Für Israels Premier ist Trumps Entscheidung hingegen ein Erfolg. Doch die zugespitzte Sicherheitslage bringt den Premier kurz vor der Wahl am 9. April in die Bredouille.

Nach dem jüngsten Angriff werfen seine Konkurrenten Netanjahu nun vor, die Kontrolle über die Sicherheit verloren zu haben. "Wird er sich wieder mit der Verkündung eines Fehlers der Hamas zufriedengeben oder sich endlich auf die Sicherheit der Bürger des Landes konzentrieren anstatt auf seine rechtliche Angelegenheiten?", twitterte Benny Gantz vom Bündnis Blau-Weiß, Netanjahus größter Herausforderer. Auch er ist derzeit in den USA und wird bei der Aipac-Konferenz sprechen. Er kritisierte den Premier für sein bisheriges Vorgehen: Wer nicht mit Aggression und Stärke reagiere, wer der Hamas Schutz biete und Angriffe auf die leichte Schulter nehme, bekomme jetzt eben Raketen auf das Zentrum des Landes. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 25.3.2019)