Die legalen Radlmöglichkeiten in der Steiermark, wie hier der Ennsradweg, sind zwar schön, aber überschaubar.

Foto: Steiermark Tourismus / Thorsten Brönner

Innsbruck/Graz – Nicht weniger als den "besten Sommerjob des Landes" bietet der Steiermark-Tourismus im Rahmen seiner aktuellen Superradler-Kampagne. Gesucht werden begeisterte Biker, die im Juni zehn Tage lang die grüne Mark per Radl "steil bergauf, rasant hinunter oder gemütlich" erkunden wollen und ihre Eindrücke berichterstattend in Wort, Bild und Bewegtbild festhalten. In diesen Erfahrungsberichten sollen, so die Aufgabenstellung, "das Urlaubsland Steiermark sowie die Produkte unserer Kooperationspartner" beworben werden.

Im Gegenzug wird neben Kost und Logis eine komplette Radausrüstung geboten, die der Superradler oder die Superradlerin im Anschluss behalten darf, sowie auf Wunsch ein Leihbike und ein Leihsmartphone. Obendrauf gibt es ein Taschengeld von 600 Euro (brutto, sic!) zum Verprassen. Klingt insgesamt nach einem tollen Angebot: ein bezahlter Radurlaub.

Ein wohl nicht ganz ernst gemeintes Bewerbungsvideo für den Job als steirischer Superradler.

Trotzdem stößt die Kampagne unter den echten steirischen Radlern auf Unverständnis. Denn das grüne Herz Österreichs gilt gerade bei Mountainbikern als problematisches Terrain. In kaum einem anderen Bundesland werden die allgemein geltenden Fahrverbote für Radler noch derart konsequent exekutiert. Obersteirische Forstwege gelten de facto als No-Go-Area für Mountainbiker.

Steiermark als "rückständigste Provinz"

Das von den Touristikern beworbene Radlparadies existiere in der Form nicht, kritisiert etwa die Mountainbike-Initiative Upmove, die sich für eine Freigabe von Wegen für Radler einsetzt. "Diese Kampagne zeigt einmal mehr, wie weit weg vom Thema die Verantwortlichen hier sind", beklagt Andreas Pfaffenbichler, einer der Sprecher von Upmove. Gerade die Steiermark gelte in Österreich "als rückständigste Provinz" in Sachen Wegefreiheit.

Zuletzt sorgte im Frühjahr 2017 ein Fall aus Leoben für Aufsehen. Ein mountainbikender Lehrer wurde damals auf einem Forstweg von drei Security-Mitarbeitern gestellt. Sie hielten den Mann fest und wollten eine Identitätsfeststellung durchführen. Weil er keinen Ausweis dabeihatte, wurde sogar eine Polizeistreife angefordert und eine Klage wegen Besitzstörung angedroht.

Auf der kanadischen Plattform "Trailforks" ist zu sehen, was hierzulande möglich wäre.
Foto: Screenshot

Die Bikeszene wehrte sich und organisierte in der Folge einen Protest. Mittlerweile gibt es eine legale Bikestrecke in dem Gebiet, die von Mai bis Oktober tagsüber genutzt werden darf. Ein Blick auf das kanadische "Trailforks"-Portal, auf dem User Trails und Mountainbikestrecken weltweit selbst einstellen können, zeigt, wie die "illegale" Realität im Murtal aussieht. Es gäbe attraktive Strecken zuhauf.

Auf der Seite des Steiermark-Tourismus sind für die Superradler-Kampagne neun ausgesuchte Mountainbike-Routen ausgewählt worden. Insgesamt stünden landesweit aber 171 Touren für Bergradler zur Verfügung. Wie viele dieser Strecken tatsächlich abseits öffentlicher Straßen liegen, könne man aber nicht sagen, so Ute Hödl von Steiermark Tourismus.

Werbung vermittle falsches Bild

Pfaffenbichler stört, dass die Werbung ein völlig falsches Bild vermittle: "Wenn diese Fotos und Berichte der Superradler auf den offiziellen Routen entstehen, werden sie weiterhin niemanden interessieren." Denn von den angeblich über 5.000 Kilometern offizieller Routen seien in der Steiermark wahrscheinlich weniger als 500 Kilometer nicht für den Pkw-Verkehr zugelassen. Angesichts der immer neuen Mountainbike-Kampagnen der heimischen Touristiker komme man als Radler momentan aus dem Staunen nicht heraus, so Pfaffenbichler. Seitens Steiermark Tourismus verwehrt man sich gegen diese Zahlen von Upmove, hat aber auch keine eigenen, um dem zu entgegnen.

Wie die Realität in der Region Leoben aussieht, das zeigt ein Blick auf die Homepage der Initiative "Let's Bike". Der Verein setzt sich dafür ein, dass seine Mitglieder ihr Hobby Mountainbiken "ohne Strafandrohung ausüben" können. Doch bis zu einem "bedarfsgerechten Angebot" sei es noch ein langer Weg, so das ernüchternde Fazit von Obmann Gottfried Kraßnitzer.

Er bedaure, dass alle Bemühungen des Vereins, nach dem Vorfall 2017 mit Grundbesitzern und politisch Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen, um gemeinsam Lösungen zu suchen, gescheitert sind: "Die Leobener Realgemeinschaft verweigert jeden Dialog mit uns." Derzeit lägen 14 Vorschläge des Vereins am Tisch. Reagiert wurde darauf aber bislang von niemandem.

Wie nachhaltig diese Form der Werbung ist, bleibt also abzuwarten. So wird die neue Kampagne der Österreich Werbung mit dem Titel "You like it? Bike it!" zwar bereits im europäischen Ausland auf diversen Bikeplattformen thematisiert. Allerdings wohl nicht in der Form, wie es sich die Verantwortlichen erhofft hätten. (Steffen Arora, 26.3.2019)