Sabine Schöffmann: "Ich war geschockt, als ich die neuen Richtlinien gesehen habe. Das ist ein Wahnsinn in der heutigen Zeit. Frauenleistungen haben eh schon eine geringere Wertschätzung. Die Sporthilfe zeigt uns Schwarz auf Weiß, wie sie das empfindet."

Foto: APA/EXPA/ JFK

Claudia Riegler fühlt sich um Jahre zurückgeworfen: "Ich frage mich, was die Teilnehmerzahl mit der Leistung zu tun hat. In elf Weltcuprennen gab es heuer neun verschiedene Siegerinnen, das sagt für mich alles aus."

Foto: APA/BARBARA GINDL

Wien – Die Österreichische Sporthilfe hat das Förderprogramm überarbeitet und neue Einstufungsrichtlinien und Leistungskriterien festgelegt. Demnach dürfen Antragsteller nur mehr maximal 40 Jahre alt sein, man will künftig mehr in den Nachwuchsleistungssport investieren. Für Kritik bei den betroffenen Athletinnen sorgt aber vor allem die unterschiedliche Bewertung von Leistungen der Männer und Frauen in einigen Sportarten.

In vielen Sportarten gelten für Frauen und Männer nach wie vor die gleichen Leistungskriterien für die Förderung. In einigen Sommersportarten (Mountainbike, BMX, Tennis, Tontaubenschießen), vor allem aber im Wintersport (Ski Cross, Kunstbahnrodeln, mehrere Ski-Freestyle-Disziplinen, sämtlichen Snowboard-Disziplinen und Skispringen) werden nun – zumeist auf Weltcup-Ebene, aber auch bei Weltmeisterschaften – Ergebnisse von Damen und Herren unterschiedlich bewertet. Frauen müssen bessere Resultate liefern, um gleich viel Geld wie die Männer zu erhalten.

Unterschiedliche Teilnehmerzahlen

Die Sporthilfe begründet das mit der geringeren Teilnehmerzahl bei den Damen-Bewerben. "Wir haben mit diesem Modell die Sportarten angepasst und gerechte Lösungen gefunden, die nach eingehender Diskussion innerhalb der Kommission einstimmig bestätigt und in weiterer Folge ebenfalls einstimmig vom Vorstand beschlossen wurden", sagt Sporthilfe-Geschäftsführer Harald Bauer.

Riegler: "Um Jahrzehnte zurückgeworfen"

Snowboarderin Claudia Riegler, die im Jänner den Weltcup-Parallelslalom in Bad Gastein gewann, fühlt sich "um Jahrzehnte zurückgeworfen. Ich frage mich, was die Teilnehmerzahl mit der Leistung zu tun hat. In elf Weltcuprennen gab es heuer neun verschiedene Siegerinnen, das sagt für mich alles aus", so Riegler, die mit 45 Jahren aus dem Förderprogramm fällt. In der Geschichte der Sporthilfe sei die Leistung von Frauen und Männern noch nie unterschiedlich bewertet worden. Frauen würden gleich viel und gleich hart trainieren und gleich viele Läufe absolvieren müssen.

Gesamtweltcup-Dritte Schöffmann "geschockt"

Im olympischen Parallelriesentorlauf müssen bei der gleichen Anzahl an Bewerben Frauen im Weltcup viermal unter die ersten vier kommen, Männer hingegen viermal unter die ersten acht, um jeweils den Goldstatus bei der Förderung zu erlangen. Die Gesamtweltcup-Dritte Sabine Schöffmann landete in diesem Winter im Weltcup im PGS dreimal unter den ersten vier, einmal war sie Fünfte, das reicht nicht zum Goldstatus.

"Ich war geschockt, als ich die neuen Richtlinien gesehen habe. Das ist ein Wahnsinn in der heutigen Zeit. Frauenleistungen haben eh schon eine geringere Wertschätzung. Die Sporthilfe zeigt uns schwarz auf weiß, wie sie das empfindet", sagt die Kärntnerin, die von einem "Schlag ins Gesicht" spricht.

"Rückschritt"

Das Damen-Teilnehmerfeld sei kleiner, das sage aber nichts über die Dichte an der Spitze aus. Wie bei den Herren müssten sich 16 qualifizieren. "Und auf einmal soll meine Leistung weniger wert sein als die der Männer? Ich muss doppelt so gut sein, um die gleiche Förderung zu erhalten", meint Schöffmann. Das sei ein Rückschritt in einer Zeit, die auf Fortschritt aus sei und wo in vielen Sportarten das Preisgeld angeglichen werde.

Höchstalter von 40 Jahren

Anträge dürfen künftig nur noch bis zum Alter von 40 Jahren eingereicht werden, davon nicht betroffen sind Athletinnen und Athleten der Kategorie Behindertensport. "Die Sporthilfe setzt ihre Mittel effizient ein und hat den Fokus nicht nur auf dem Spitzen-, sondern nun noch erweiterter auf den Nachwuchsleistungssport", teilte Bauer mit. Erstmals würden auch Medaillen beim European Youth Olympics Festival zu einer Einstufung führen. "Wir wollen Nachwuchsathletinnen und -athleten bereits in einem frühen Stadium auf ihrem Weg an die Spitze begleiten und so unsere Mittel verstärkt in die Spitzensportler von morgen investieren."

25 Jahre Weltspitze

Aus Erfahrung wisse man, dass nur einzelne Athletinnen und Athleten das Höchstalter von 40 Jahren überschreiten und dass diese Sportler in der Regel bereits viele Jahre lang von der Sporthilfe unterstützt wurden, begründet Bauer die Senkung des Alterslimits von 45 auf 40. Riegler: "Es steht bei meinem Namen die Zahl 45, aber die Leistung stimmt, ich bin 25 Jahre dabei und immer in der Weltspitze." 2015 war die Salzburgerin mit 41 Jahren Weltmeisterin geworden.

Nicht nachvollziehen kann Riegler auch, dass jede Sportart nun extra bewertet wird, welche Leistungen für welchen Status gelten. Der für alle Sportarten geltende Zusatz aus dem 2017er-Papier – "jede Platzierung muss innerhalb des ersten Viertels der Gesamtteilnehmerzahl des jeweiligen Bewerbs liegen" – wurde gestrichen.

Drei Förderungskategorien

Die 1971 gegründete Sporthilfe unterstützt Sportler in den Kategorien Gold, Silber (jeweils allgemeine Klasse) sowie Bronze (Nachwuchs). Dafür gibt es für die Athleten je nach Einstufung monatlich 800, 400 oder 200 Euro in olympischen und paralympischen Disziplinen und wenn sie nicht von einer Sportförderstelle (Heeressportzentrum, Innenministerium, Finanzministerium et cetera) sozial abgesichert sind. Mit Sportförderstelle belaufen sich die Beträge auf 600, 250 oder 100 Euro, in nichtolympischen und nichtparalympischen Disziplinen gibt es maximal 250. Von der Förderung ausgeschlossen sind unter anderem Mannschafts- und Teamleistungen sowie Athleten, deren jährliches zu verteuerndes Einkommen 100.000 Euro übersteigt. (APA, red, 26.3.2019)