Graz/Steyr/Wien – Am Donnerstag soll der ORF-Stiftungsrat den bisherigen Chefredakteur des Landesstudios, Gerhard Koch, zum ORF-Landesdirektor in der Steiermark bestellen. Doch der ehemalige Salzburger ORF-Direktor Roland Brunhofer (52) will gegen die Bestellung bei der Medienbehörde vorgehen. Mit einem historisch interessanten Argument.

Das ORF-Gesetz verlangt: "Bei der Auswahl von Bewerbern um eine ausgeschriebene Stelle sowie bei der Beförderung von Dienstnehmern ist in erster Linie die fachliche Eignung zu berücksichtigen." Auf diese Bestimmung will Brunhofer in seiner Beschwerde zur Bestellung des steirischen Landesdirektors verweisen, berichten "Kleine Zeitung" und "Salzburger Nachrichten" am Dienstag. Mit der Sache sei der Steyrer Anwalt Hubert Niedermayr befasst (Brunhofers Heimatort in Oberösterreich).

Niedermayr bestätigt dem STANDARD, dass er sich mit der Sache im Auftrag Brunhofers seit Wochen eingehend beschäftige. Brunhofer sei "eindeutig und objektiv bestgeeignet" für die Funktion des Landesdirektors. Die Ausschreibung für den Job verlange sogar fünf Jahre einschlägige Vorerfahrung.

Werde Koch am Donnerstag bestellt, werde er Brunhofer empfehlen, gegen die Entscheidung vorzugehen – einerseits mit einer Beschwerde an die Medienbehörde; andererseits wäre aus seiner Sicht auch Amtshaftung eine mögliche Schiene – sein Mandant würde durch Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen geschädigt.

Die Ausgangslage für Salzburg

Historisch ist die Argumentation interessant: Der Sozialdemokrat Roland Brunhofer war einer der Moderatoren von "Oberösterreich heute", einer der Chefs vom Dienst im Landesstudio Oberösterreich und Vorsitzender des Betriebsrats im ORF-Landestudio, als er im September 2011 zum ORF-Landesdirektor für Salzburg bestellt wurde. Dort war zu der Zeit gerade Gabi Burgstaller (SPÖ) Landeshauptfrau; ein Sozialdemokrat sollte deshalb Landesdirektor werden.

Gerhard Koch (57) ist seit 1999 Chefredakteur und TV-Verantwortlicher des ORF-Landesstudios Graz. Er ist seit 1985 im Aktuellen Dienst des Landesstudios tätig. Er war drei Jahre lang Sendungsverantwortlicher von "Steiermark heute" und acht Jahre lang Chef vom Dienst in der Radioinformation. Ab 1997 leitete er die Tagesredaktion von Radio Steiermark und war Stellvertreter des Radio-Programmchefs.

Guten Morgen, Daheim

Brunhofer hat seit seinem Dienstantritt als Salzburger Landesdirektor einige fachliche Erfahrung gesammelt. Brunhofer hat im Landesstudio hart eingespart, das Budget als einziger von neun Länderchefs unter kolportierte zehn Millionen Euro gedrückt. Nach Brunhofers Ablöse mit Ende 2016 kommen auffällig viele Jobausschreibungen des ORF aus dem Landesstudio Salzburg. Brunhofer musste nach eigenem Bekunden 2016 das Salzburger Landesstudio räumen, weil er farblich nicht zum neuen Landeshauptmann Wilfried Haslauer* (ÖVP) passte.

Brunhofer entwickelte zusammen mit Alexander Hofer, heute Channel Manager von ORF 2, das Frühstücksfernsehen des ORF ("Guten Morgen Österreich") aus einem mobilen Truck-Studio. 2017 betraute ORF-General Alexander Wrabetz damit, die gesamte ORF-Daytime-Chronik neu zu organisieren. Brunhofer verlegte auch die Vorabendillustrierte zur besseren Auslastung des Trucks ins mobile Studio. Dieses "Daheim in Österreich" riss tiefe Quotenlücken in die Schlüsselzone des Fernsehabends – vier, fünf und mehr Prozent unter dem abgelösten Vorgängerformat "Heute in Österreich". Nach knapp eineinhalb Jahren wurde "Daheim" mit Jahreswechsel vom wieder stationären "Studio 2" abgelöst.

ORF-Chef Alexander Wrabetz (li.) und Entwickler Roland Brunhofer beim Start von "Daheim in Österreich" Ende August 2017.
Foto: ORF/Roman Zach-Kiesling

Transformer und Unterhalter

Brunhofer ist Mitglied einer ORF-internen Spar- und Strukturarbeitsgruppe, "Transformer" genannt. Er bewarb sich 2018 um die Funktion des ORF-Unterhaltungschefs; die Hearings sahen allerdings ORF-Entwicklerin und Mitbewerberin Dorotea Gradistanac zumindest gleichauf – und bei gleicher Qualifikation sind Frauen zu bevorzugen. Die ORF-Gleichbehandlungskommission empfahl dem ORF-General nach Verfahren über Brunhofers Umgang mit Mitarbeitern, ihn nicht mehr für Führungsaufgaben heranzuziehen.

Der Job des zentralen Unterhaltungschefs dürfte nun wie berichtet doch nicht besetzt werden. Der Bereich wird voraussichtlich auf die Channel Managements von ORF 1 und 2 aufgeteilt.

Der hemdsärmelige Sozialdemokrat Brunhofer hat Fans auch in den Reihen von FPÖ und ÖVP, jedenfalls im ORF-Stiftungsrat. (fid, 26.3.2019)