Angela Merkel ist da. Und natürlich Michail Gorbatschow. Ronald Reagan darf ebenso wenig fehlen wie DDR-Eiskunstlaufstar Katharina Witt. Sie und noch viele andere Prominente tummeln sich derzeit auf engem, aber viel bestaunten Raum in Berlin: Auf einem "Wimmelbild der Wende".

30 Jahre ist der Fall der Berliner Mauer (9. November 1989) bald her, und natürlich wird Berlin im Herbst aus dem Erinnern an die unblutige Revolution gar nicht mehr herauskommen. Im Haus der Berliner Festspiele wollte man schon etwas früher beginnen, und so hängt im Foyer des Hauses in der Charlottenburger Schapestraße nun ein 9,5 mal 4,2 Meter großer "Schnappschuss" der Wende, das kollageartig die Protagonisten und Protagonistinnen dieser außergewöhnlichen Zeit verknüpft.

Ein "Schnappschuss" der Wende von Felix Grütsch: 9,5 mal 4,2 Meter groß
Foto: Pobitzer

Es stammt von STANDARD-Illustrator Felix Grütsch, der aus Stüdtirol stammt und in Wien lebt. "Als Südtiroler kannte ich mich mit Andreas Hofer natürlich besser aus als mit der DDR", sagt er zum STANDARD. Und eigentlich sollte Grütsch zunächst für eine Installation mit Nebel vor dem Festspielhaus engagiert werden. Doch dann hieß es in Berlin: "Mach doch was Größeres." Eine "Wand der Wende" sollte entstehen, mit "ikonischen Bildern".

Sonderzug nach Pankow

Vieles hatte Grütsch selbst im Kopf, und so schaffte es als erstes Sänger Udo Lindenberg aufs digital gedruckte Bild. Lindenberg hatte Erich Honecker schon 1983 angefleht, endlich mit dem Sonderzug nach Pankow reisen zu dürfen, um dort auftreten zu können. Andere Personen wie die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley kamen erst hinzu, nachdem sich Grütsch näher mit dem Thema befasst hatte. Viel Input kam vom Intendanten der Berliner Festspiele, Thomas Oberender, der aus dem ostdeutschen Jena stammt.

"Man kann sich in dem Bild verlieren, das überlasse ich jedem selbst", sagt er. Jeder habe seine eigenen Erinnerungen an die Wende.

Keine Ostalgie

Keinesfalls aber will Grütsch jener "Ostalgie" frönen, die fast 30 Jahre nach dem Ende der DDR viele Menschen befallen hat: "Die Grundidee war ja zum Teil großartig", sagt er, "aber leider ist sie schnell gekippt. Letztendlich war die DDR ein Terrorstaat, in dem Menschen umgebracht und willkürlich eingesperrt wurden." Daher finden sich zwischen all den Persönlichkeiten immer wieder auch weniger schöne Erinnerungen an die DDR: Stacheldraht, Grenzbalken, ein Panzer, die Stasi, die mithört. Und i Im linken unteren Teil erinnert ein Kreuz an Chris Gueffroy. Der damals 20-Jährige starb im Februar 1989, er war das letzte Todesopfer an der Berliner Mauer. (Birgit Baumann aus Berlin, 27. 3. 2019)