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Irgendwann sollen Quantensensoren in kleine Chips integriert werden können. Heute benötigen die experimentellen Aufbauten noch halbe Laborräume.

Foto: Picturedesk/ Science Photo Library

Die Möglichkeiten, die Quantensoren theoretisch bereithalten, sind vielversprechend: Physikalische Größen wie Druck, Temperatur, Zeit, Beschleunigung oder elektrische Felder könnten mit einer bisher nicht möglichen Genauigkeit messbar werden. Ein Anwendungskonzept wäre zudem etwa, die Struktur und Tätigkeit von Biomolekülen – beispielsweise Proteine, die im Körper ihren Dienst verrichten – bis hinunter zum einzelnen Atom noch viel genauer als bisher beobachten zu können. Für Medizin, Biochemie und Molekularbiologie würde eine neue Ära anbrechen.

Moleküle erkennen

Doch so weit ist die Forschung zu praktischen Anwendungen noch lange nicht. Quantensensoren existieren meist nur als voluminöse, experimentelle Aufbauten an Universitätsinstituten. Immerhin gibt es erste Bemühungen, die einen Praxisgebrauch der Technologie abklären wollen. Das Projekt "QSense4Life" ist einer dieser Ansätze. Das Forschungsinstitut CTR Carinthian Tech Research arbeitet dabei mit der Universität Wien und den Unternehmenspartnern Infineon und Philips zusammen, um die Machbarkeit von Sensoren abzuklären, die bestimmte Moleküle für Anwendungen im Ernährungsbereich erkennen können. Das Anfang 2019 angelaufene Projekt wird im Rahmen der ersten Ausschreibung zu Quantenforschung und -technologie (QFTE) der Förderagentur FFG mit Mitteln des Wissenschaftsministeriums unterstützt.

"Mit der Sensortechnik, die im Projekt Richtung marktfähiger Produkte weiterentwickelt wird, soll man Lebensmittel untersuchen können, um beispielsweise die Frage zu beantworten, wie viel Vitamin C oder wie viele Antioxidantien ein Fruchtsaft beinhaltet", sagt Projektleiterin Christina Hirschl vom CTR. "Auf der anderen Seite könnte man im Zuge einer personalisierten Ernährung den eigenen Speichel untersuchen, um zu erfahren, welche Nährstoffe der Körper gerade benötigt."

Diamant mit Fehlern

Die Grundlage der beabsichtigten Entwicklung bilden sogenannte Festkörper-Quantensensoren, die Messungen bei Raumtemperatur realisieren können. Kern des Messprinzips ist das Kristallgitter eines Diamanten. In die Atomstruktur der kleinen, im Labor geschaffenen Kohlenstoffplättchen werden kleine Fehler eingebracht, die aus einzelnen Stickstoffatomen und Leerstellen im Kristallgitter bestehen – man nennt sie nach den englischen Wörtern "nitrogen" und "vacancy" NV-Zentren.

Die Konstellation der Elektronen kann in diesem Setting nun als eine Art magnetischer Messfühler verwendet werden. Dank des Eigendrehimpulses der Teilchen, genannt Spin, sind Aussagen über nahegelegene Moleküle möglich. Ein Messvorgang könnte mittels Laser oder in Zukunft vielleicht auch – ähnlich wie bei der Kernspintomografie in der Medizin – mit elektromagnetischen Methoden ausgelesen werden.

Industrietaugliche Gestaltung

Vom experimentellen Aufbau eines Quantensensors, wie er beim Projektpartner an der Fakultät für Physik der Universität Wien besteht, zum praxistauglichen Sensor, der am besten in einen Chip integriert werden kann, ist noch ein weiter Weg zu gehen. Hirschl spricht von einem Horizont von sieben bis zehn Jahren, bis man sich einem tatsächlichen Produkt annähern könne.

Im Moment ist man am CTR dabei, einen eigenen Systemaufbau zu realisieren. Der eigentliche Quantensensor werde dabei wiederum von der Uni Wien kommen. Im Projekt geht es dann vor allem darum, die komplexen elektronischen und optischen Elemente, die das Sensorelement umgeben, kleiner, robuster und letzten Endes auch industrietauglicher zu gestalten. Irgendwann meldet dann vielleicht der Quantensensor dank einer Speichelprobe, was wir heute am besten essen sollten, um unseren Nährstoffhaushalt auszugleichen. (Alois Pumhösel, 29.3.2019)