Sebastian Kurz und Alexander Lukaschenko trafen am Freitag in Minsk zusammen

Foto: Gerald Schubert

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko soll noch "im nächsten Halbjahr" nach Österreich kommen. Bundeskanzler Sebastian Kurz bekräftigte am Freitag in Minsk eine entsprechende Einladung, die zuvor auf diplomatischem Weg von Bundespräsident Alexander Van der Bellen übermittelt worden war. Lukaschenko hat die Einladung bereits angenommen, der Besuch könnte laut derzeitiger Planung im November stattfinden.

Weißrussland steht in Menschenrechtsfragen häufig in der Kritik, unter anderem wegen der Anwendung der Todesstrafe. Bürgerrechtler berichten auch von Defiziten bei Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. Die EU hatte 2016 allerdings ihre Sanktionen weitgehend aufgehoben, nachdem mehrere politische Gefangene freigekommen waren.

Zuletzt gab es in Minsk weitere Signale einer Öffnung nach Westen. Hintergrund ist auch wachsender Druck aus Moskau, vor allem bei der Gestaltung der Preise für Öl- und Gaslieferungen, was in Minsk als verstärkte politische Umklammerung interpretiert wird. Es wird auch darüber spekuliert, Russlands Präsident Wladimir Putin könnte planen, Weißrussland in eine engere Union mit Russland zu zwingen, um so die rechtlichen Grundlagen für eine fünfte Präsidentschaftskandidatur zu schaffen – dann bereits in einem neuen Staatengebilde.

Dialog statt Isolation

Lukaschenko dankte Kurz für die Bemühungen Österreichs, die Annäherung Weißrusslands an die Europäische Union zu unterstützen. Die EU bezeichnete er dabei als "eine der Stützen der globalen Sicherheit".

Kurz erklärte im Anschluss an das Treffen, dass er bei den Gesprächen mit Lukaschenko auch Themen wie Rechtsstaatlichkeit und Bürgerrechte zur Sprache gebracht habe. Die Situation in Weißrussland solle man diesbezüglich "nicht schönreden". Gerade deshalb sei es aber auch wichtig, den politischen Dialog aufrechtzuerhalten.

In den Beziehungen Weißrusslands zur EU setzt der Bundeskanzler auf ein "Sowohl – als auch", nicht auf ein "Entweder – oder". Soll heißen: Weißrussland könne sich an die EU annähern, "ohne die traditionell guten Beziehungen zu Russland aufzugeben." Alles andere würde das Land vor eine Zerreißprobe stellen – und vielleicht erst recht in die Arme Moskaus treiben, so Kurz.

Beide Seiten betonten am Donnerstag auch die gute wirtschaftliche Zusammenarbeit. Österreich ist nach Russland der zweitgrößte Investor vor Ort, mehr als 100 österreichische Unternehmen sind derzeit in Weißrussland tätig.

Holocaust-Mahnmal

Tags zuvor hatten Kurz und Lukaschenko auf der Gedenkstätte Maly Trostinec am südöstlichen Stadtrand von Minsk ein Mahnmal für österreichische Holocaustopfer eröffnet. Während des Zweiten Weltkriegs hatten die Nationalsozialisten dort unter anderem 10.000 österreichische Jüdinnen und Juden ermordet, die in zehn Transportzügen aus Wien verschleppt worden waren. Maly Trostinec gilt somit neben Auschwitz als Ort mit den meisten österreichischen Opfern des Nazi-Terrors. (Gerald Schubert aus Minsk, 29.3.2019)

Die Reise wurde teilweise vom Bundeskanzleramt finanziert.