Physikerin Mira Maiwöger arbeitet an einer neuen Methode zur Erforschung des Bose-Einstein-Kondensats.

Foto: Thomas Astner

Man nehme ein paar tausend Atome, packe den "Atomdampf" in ein Vakuum und kühle ihn auf eine Temperatur knapp über dem absoluten Nullpunkt von -273,15 Grad Celsius, bei dem die Bewegungsenergie der Teilchen gleich null ist – voilà, fertig ist das Bose-Einstein-Kondensat. Die Atome nehmen einen exotischen Aggregatzustand an, bei dem sie als eine große Materiewelle erscheinen. Einzelne Teilchen sind bei diesen makroskopischen Quantenobjekten ohne innere Reibung nicht mehr unterscheidbar.

Bose-Einstein-Kondensate wurden 1924 erstmals theoretisch vorhergesagt und 1995 von – danach nobelpreisgekrönten – US-Grundlagenforschern erstmals hergestellt. Seitdem entwickeln Physikerinnen und Physiker in aller Welt mit allerlei Experimenten das Wissen um den eigentümlichen Materiezustand weiter. Mira Maiwöger vom Atominstitut der TU Wien ist eine von ihnen. "Ich beschäftige mich vor allem mit der Frage, wie man an einem einmal hergestellten Bose-Einstein-Kondensat mehrfache und sogenannte schwache Messungen durchführen kann", erklärt die 1988 in Sierning in Oberösterreich geborene Wissenschafterin.

Viele Experimente arbeiten mit einer Zweiteilung des vorhandenen Kondensats. Ein Teil kommt in eine linke, der andere in eine rechte Falle. Werden diese ausgeschaltet, expandieren die Atomwolken, überlagern einander und interferieren. "Aus dem Interferenzmuster sind verschiedene Eigenschaften des Bose-Einstein-Kondensats ableitbar. Man könnte damit etwa Effekte der Gravitation sehr genau messen", erläutert Maiwöger. Für ein neues Experiment müsste dann auch ein neues Kondensat erzeugt werden.

Messung beeinflusst Experiment

Die Physikerin arbeitet nun an einer Methode, um nur einen kleinen Teil der Atome aus den Fallen herauszuholen, ohne damit das Gesamtsystem zu zerstören. Daraus ergeben sich für sie einige spannende Möglichkeiten: "Man kann schauen, welche Informationen man aus den kleinen Teilen über das Gesamtsystem gewinnen kann. Oder man kann sowohl Ort und Impuls der Teilchen anhand nur eines Kondensats ermitteln – die Heisenberg'sche Unschärferelation erlaubt bekanntlich nur jeweils die Messung einer der beiden Größen", erklärt Maiwöger. Bekannt ist auch, dass in der Quantenwelt die Messung selbst das Experiment beeinflusst. "Es wird interessant zu sehen, ab wann das Kondensat ,merkt', dass wir anhand einer Teilmenge schon hingeschaut haben, und beginnt, sich anders zu verhalten."

Maiwöger sagt, sie hatte "definitiv schon immer einen Hang zur Mathematik". Die Studienwahl Physik beruhte auch auf der Überlegung, dass – anders als andere Wissensgebiete – "ich mir das unmöglich autodidaktisch beibringen kann". Nach dem Physikstudium an der Uni Wien wechselte sie für die Masterarbeit in die Gruppe Schmiedmayer am Atominstitut der TU – und blieb für das Doktorat, das sie als Teil des FWF-Doktorandenkollegs zu Complex Quantum Systems absolviert. In ihrer Freizeit spielt sie im Moment recht viel Duplo, sagt Maiwöger – mit dem dreijährigen Mitbewohner in ihrer WG. Beim Bau möglichst stabiler Kräne geht es immerhin auch um Physik. (pum, 31.3.2019)