Monika U. erklärte sich zur unabwählbaren Präsidentin des "Staatenbunds Österreich". Sie wurde im Jänner zu 14 Jahren Haft verurteilt, unter anderem wegen Bestimmung zum Hochverrat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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Für viele Schuldner sei der "Staatenbund Österreich" so etwas wie der letzte Strohhalm gewesen, sagt ORF-Journalistin Nora Zoglauer: "Wenn du eine Lebendmeldung machst, bist du frei von Schulden." Mit solch abstrusen Versprechen tingelte die selbsternannte Präsidentin Monika U. durch Österreich, um ein Sammelsurium an Unterstützern zu rekrutieren. Mit Erfolg. In der Hochblüte hatte der "Staatenbund" 2.700 eingetragene Mitglieder, darunter viele Esoteriker und Impfgegner, erzählt Zoglauer.

Praktischer Nebeneffekt der "Lebendmeldung", die zehn Euro kostete: Der Käufer tauscht seine Schulden gegen Geld, denn jeder Mensch bekomme bei seiner Geburt ein Treuhandvermögen geschenkt. Und auf diesem Konto liegen rund zehn Milliarden Dollar. Neben "Lebendmeldungen" verkaufte Monika U., die selbst als Esoterikerin arbeitete und FPÖ-Gemeindepolitikerin in Bad Blumau war, noch "Landbucheinträge" und Nummerntafeln.

Prozess gegen 14 Staatsverweigerer

Mit den Aktivitäten von Staatsverweigerern wie Monika U. oder den "Freemen" beschäftigt sich Nora Zoglauer bereits seit vier Jahren. Am Donnerstag zeigt "Am Schauplatz" um 21.05 Uhr in ORF 2 ihre neue Reportage "Staatsverweigerer – die Justiz schlägt zurück". Dass die Justiz zurückgeschlagen hat, und das mit voller Härte, dokumentiert Zoglauer, indem sie auch den Prozess aufrollt, der Ende Jänner in Graz gegen 14 Staatsverweigerer über die Bühne gegangen ist. Monika U., die "Präsidentin", wurde wegen Hochverrats zu einer Haftstrafe von 14 Jahren verurteilt – nicht rechtskräftig.

Der 42-jährigen Steirerin wird vorgeworfen, dass sie ein eigenes Staatsgefüge mit einer "militärischen Übergangsregierung" errichten wollte. Die derzeitige Regierung hätte verhaftet werden sollen – mithilfe von Putin und Trump. Alleine dem Bundesheer hat Monika U. knapp 100 selbstformulierte Haftbefehle ausgestellt. "Das Urteil hat sicher eine abschreckende Wirkung", sagt Zoglauer im Gespräch mit dem STANDARD. Es war wohl auch die Intention der Justiz, die Szene mit diesem Prozess zu zerschlagen, nur: "Das Gedankengut legen sie ja nicht von heute auf morgen ab, nur weil ein Urteil gefällt wird." Wie groß die Szene jetzt noch ist, könne sie nicht sagen: "Jedenfalls waren es in Österreich schon viele Tausend."

"Der Freeman verlässt das Recht"

"Im Vorfeld habe ich mit sehr vielen Leuten geredet, aber kaum jemand war bereit, vor der Kamera mit mir zu sprechen", erzählt Zoglauer. Einer, der mit ihr sprechen wollte, ist Joe Kreissl. Der "Freeman" war einer der Hauptprotagonisten ihrer "Am Schauplatz"-Sendung von vor drei Jahren und Gründer von "Erl-Österreich" – einem Konstrukt, das raus aus der "juristischen Fiktion" des Staates führen sollte. Kreissl wohnt nach wie vor in einem kleinen Schloss, das als Heimat für seine "Freemen"-Gefährten diente. Nachdem das Anwesen den Besitzer gewechselt hat, darf Kreissl noch dort sein, um es instand zu halten. Die Strafe für Staatsverweigerin Monika U. hält er für zu hart. Sie sei nicht konsequent genug "aus dem Recht gegangen", sagt Kreissl, denn sie sei im Völkerrecht geblieben: "Der Freeman verlässt das Recht, er geht in die Sittlichkeit."

Joe Kreissl (Mitte) und zwei weitere "Freemen".
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Mit den Staatsverweigerern ist Zoglauer zum ersten Mal im Jahr 2015 in Kontakt gekommen: "Wir haben eine Geschichte über eine Gerichtsverhandlung gemacht. Damals ging es um einen Protagonisten, der gesagt hat, er sei ein Freeman." Seitdem verfolgt sie das Thema: "Mich hat das einfach interessiert, weil es immer mehr geworden sind." Ein gemeinsamer ideologischer Nenner existiert nicht. Nicht selten sind Rechtsextremisten und Antisemiten in ihren Reihen. Und Esoteriker. Das sei kein Widerspruch, so Zoglauer: "Es gibt einen rechten Trend in der Esoterik, die braune Esoterik, da sollte man aufmerksam sein."

Eigenes Rechtssystem

Die Freemen erkennen den Staat nicht an und berufen sich auf ein eigenes Rechtssystem. Dass sie Gerichtsverhandlungen torpedieren, indem sie sich auf ihr "Recht" berufen, ist keine Seltenheit. Das ging bis zu Drohungen, mit denen Gerichtsvollzieher konfrontiert waren, und Einträgen in ein willkürliches Schuldenregister: "Die hatten plötzlich horrende Schulden und Angst."

Ein großes Problem sei, dass viele Staatsverweigerer ihre Kinder aus der Schule nehmen: "Niemand weiß, wie die zu Hause indoktriniert werden, auch mit staatsfeindlichen Gedanken." In der Reportage kommen auch Väter zu Wort, die darum kämpfen, dass ihr Kind wieder in die Schule gehen darf: "Mit einem einfachen Schreiben an den Landesschulrat meldest du dein Kind von der Schule ab, da gehört unbedingt etwas gemacht." Hier fehle das soziale Korrektiv: "Das ist grob fahrlässig."

Das Thema aufs Tapet bringen

Über solche Themen zu berichten sieht Zoglauer zwar als Gratwanderung, aber dennoch als Notwendigkeit, denn: "Machst du ihre Aktivitäten öffentlich, gibst du ihnen eine Bühne, auf der anderen Seite sensibilisierst du auch." Nicht Stellung nehmen wollten Innenministerium und Verfassungsschutz zur Frage des Gefahrenpotenzials, was die Journalistin bedauert. Deren Argumentation war, dass es sich um ein laufendes Verfahren handle. "Wenn man Monika U. mit ihrem Herzerl sieht und sie von Liebe, Luft und Freiheit spricht, klingt das nett und wie Pippi Langstrumpf, das hat aber eine andere Seite." Nämlich eine, die demokratiegefährdend sei.

Mit ihren Reportagen möchte Zoglauer "nicht werten", sondern möglichst neutral berichten: "Wie ticken diese Leute? Welche Menschen sind das, die sich dem Staatenbund angeschlossen haben? Die Leute sind mündig genug, um sich eine eigene Meinung zu bilden." (Oliver Mark, 28.3.2019)