Dass Theresa Mays Amtszeit auf ihr Ende zusteuerte, war seit Dezember bekannt. Nun hat die britische Premierministerin verdeutlicht: Wenn Großbritannien wie mit dem EU-Rat vereinbart am 22. Mai aus der Gemeinschaft ausscheidet, betrachtet sie ihre Aufgabe als erledigt.
Allerdings – das "wenn" ist entscheidend. Der Austrittstermin gilt ja nur für den Fall, dass das Unterhaus dem mit Brüssel vereinbarten Paket aus Scheidungsvertrag und politischer Zukunftserklärung zustimmt. Gemessen an den Reaktionen in der konservativen Fraktion kann dies keineswegs als garantiert gelten.
May hat sich das Leben selbst schwer gemacht. Sie setzte auf den harten Brexit, also den Austritt aus Binnenmarkt und Zollunion. Dadurch entstand völlig unnötig das Problem der inneririschen Grenze. Kooperationswillige Oppositionsvertreter stieß sie vor den Kopf. Bei der vorgezogenen Unterhauswahl büßte sie die konservative Mehrheit an. Panikartig machte sie sich zur Gefangenen der erzkonservativen Unionistenpartei DUP.
Nie hat sich die Premierministerin entschlossen jenen Brexit-Ultras entgegengestellt, die dem Chaos-Brexit ("No Deal") das Wort reden. Der angekündigte Rücktritt stellt Mays letzte Trumpfkarte dar: Wenn die Ultras bald einen der Ihren zum Premier machen können, so lautet das Kalkül, werden sie die vermeintlich bittere Pille des Austrittsvertrags schlucken.
Man muss dem Land und der EU gleichermaßen wünschen, dass Mays Rechnung aufgeht. Die 62-Jährige wird als höchstens mediokre Premierministerin in Erinnerung bleiben. Wer aber die Phalanx der möglichen Nachfolger inspiziert, fühlt sich an die alte Weisheit erinnert: Es kommt nichts Besseres nach. (Sebastian Borger, 27.3.2019)