Tanya Bub, Jeffrey Bub: "Totally Random: Why Nobody Understands Quantum Mechanics (A Serious Comic on Entanglement)"
€ 18,- / 260 Seiten
Princeton University Press 2018

Foto:2018 by Tanya Bub and Jeffrey Bub. Reprinted by permission of Princeton University Press

Thibault Damour, Mathieu Burniat: "Das Geheimnis der Quantenwelt"
€ 20,60 / 168 Seiten. Knesebeck 2017

Knesebeck Verlag

Jan Egesborg, Johannes Töws, "Thanatos"
€ 20,- / 80 Seiten. Alibri 2018

Alibri Verlag
Der abgehalfterte Comicheld Bob in "Das Geheimnis der der Quantenwelt".
Knesebeck Verlag

Optisch ist er eine Mischung aus Toaster und Sparbüchse: Der "Superquantum Entangler PR-01" ist eine Wunderkiste, so viel steht fest. Wer Glück hat, findet eine Anzeige auf der Rückseite eines Comicheftes, gleich unter den Urzeitkrebsen. Womöglich landet auch ungefragt eine ganze Wagenladung Quantentoaster vor der Tür, zugestellt von einem UPS2-Lieferanten, der Einstein verblüffend ähnelt und eine Tirade hält gegen das Chaos, das das Gerät ausgelöst hat.

Doch was ist dieses Ding, das am Beginn des Sachcomics "Totally Random. Why Nobody Understands Quantum Mechanics (A Serious Comic on Entanglement)" steht und mit der Warnung "Könnte Sie in den Wahnsinn treiben" versehen ist? Alles, was man braucht, sind zwei Münzen, die in die oberen Schlitze gesteckt werden. Heraus kommen "superquantenverschränkte" Münzen. Die sehen zwar nicht anders aus als zuvor, folgen aber äußerst eigenartigen Mechanismen: Wirft man die Münzen eines verschränkten Paares in die Luft, landen die Münzen nämlich nach ganz bestimmten Regeln mit Kopf oder Zahl nach oben. Irgendwie "wissen" die Quoins, wie die verschränkten Münzen heißen, wie sie landen müssen – und sind auf mysteriöse Art miteinander verbunden.

Was es mit dieser kuriosen Korrelation auf sich hat, versuchen die Illustratorin Tanya Bub und ihr Vater, der Physiker Jeffrey Bub, aufzuklären. Schritt für Schritt nehmen sie die Leserinnen und Leser mit in die bizarre Welt der Quoin Mechanics – die Comicversion der Quantenmechanik. Mit dem Kniff, verschränkte Photonen als Münzpaare und ihre Polarisation als Kopf oder Zahl darzustellen, gelingt es "Totally Random" (2018 auf Englisch bei Princeton University Press erschienen) quantenphysikalische Grundlagen verblüffend greifbar und vor allem sichtbar zu machen.

Psychoanalyse mit Dr. Bohr

Dabei agiert "Totally Random" auf mehreren Ebenen: Einerseits scheut das Autorenduo nicht davor zurück, Phänomenen der Münzmagie mit logischen Schritten bis ins Detail auf den Grund zu gehen, und streut auch einmal ganz reale Auszüge aus bahnbrechenden wissenschaftlichen Publikationen ein. Andererseits lassen die beiden ihrer Fantasie freien Lauf, wenn es darum geht, die unheimlichen Superkräfte der Quantenphysik zu illustrieren. Wobei die Alter Egos der Superstars der Quantenphysik hier eher als Normalos daherkommen: Neben Zusteller Einstein treffen wir auf Erwin Schrödinger, der als Vertreter mit der unvermeidlichen Katze und einem staubsaugerähnlichen Detektiergerät antritt, um Aussagen über die Realität zu checken.

Ausschnitt aus "Totally Random: Why Nobody Understands Quantum Mechanics (A Serious Comic on Entanglement)": Erwin Schrödingers Detektor in "Totally Random" verschluckt Katzen und spuckt Aussagen über die Realität aus.
Foto: 2018 by Tanya Bub and Jeffrey Bub. Reprinted by permission of Princeton University Press

Da wären außerdem der Jahrmarkttrickser Hugh Everett, der uns gekonnt ein Universum voller Parallelwelten verhökert, der Privatdetektiv John von Neumann, der nach Zeugen für die unerklärlichen Begebenheiten sucht, sowie die Plakatierer Pauli und Heisenberg, die Werbung machen für den Psychoanalytiker Niels Bohr ("Do you suffer from uncontrollable urges to picture an underlying reality? Let it go! Dr. Bohr can help!").

Aus dem Labyrinth an Erklärungen führt letztlich nur ein Weg: der zu den Anwendungen, wo die Münzanalogie noch einmal voll ausgespielt wird. Ob in der Krypta der Quantenverschlüsselung, im Quantencasino, wo sich am Spieltisch die Grundlagen des Quantencomputers eröffnen, oder bei der Teleportation samt Spock-Münzen – der Quantentoaster leistet überall gute Dienste. Wer mehr wissen will, kann die umfangreichen Quellen konsultieren (im Buch oder online).

Verschränkte Geschichten

Wie gut sich das Medium Comic mit seiner Verschränkung von Text und Bild eignet, um ein verzwicktes und absurd-abstraktes Feld wie die Quantenphysik zugänglich zu machen, zeigt auch "Das Geheimnis der Quantenwelt" (2017 bei Knesebeck erschienen). Darin schlittert der abgehalfterte Comicheld Bob gemeinsam mit dem bekannten Ensemble an Physikerkoryphäen durch eine abenteuerliche Welt voller Zahlenspiele und Gedankenexperimente.

"Thanatos" verschränkt die Suche nach einem Serienkiller in Kioto mit Quantenverschlüsselung.
Foto: Albri Verlag

Während "Totally Random" ganz ohne Mathematik auskommt und dabei größere Zusammenhänge ausspart, versucht "Das Geheimnis der Quantenwelt" die harte Theorie in gut verdauliche Happen aufzudröseln. Das ist um einiges hübscher anzusehen als die schwarz-graue Computergrafikoptik von "Totally Random", lässt die Köpfe aber nicht minder rauchen (eine ausführliche Rezension findet sich hier).

Eine andere Art der Verschränkung unternimmt die Graphic Novel "Thanatos" (Alibri 2018): Der düstere Wissenschaftskrimi führt nach Kioto, wo ein Serienmörder nach dem Vorbild von Hieronymus-Bosch-Gemälden foltert und tötet. Ein ausgebrannter Journalist stößt auf Spuren des Täters und eine Verschwörung in höchsten Kreisen. Eine Hauptrolle in dieser etwas krude zusammengewürfelten Story spielt die Quantenkryptografie, die nebenbei sehr einleuchtend erklärt wird.

Sicher ist nur: Wenn man schon nicht dem Wahnsinn verfällt angesichts der Quantencomics – schwindelig wird einem allemal. (Karin Krichmayr, 28.3.2019)

Video zu "Totally Random: Why Nobody Understands Quantum Mechanics".
Princeton University Press