Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler hat den Findungsprozess für das Wiener Volkstheater gestoppt, nachdem die Kommission einstimmig beschlossen hatte, vorerst keinen Kandidaten für die Nachfolge von Direktorin Anna Badora ab 2020/21 vorzuschlagen.

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Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) hat die Suche nach einer neuen Leitung für das Wiener Volkstheater gestoppt. Kein Konzept ist finanziell realisierbar, der Bund lehnt eine Erhöhung seiner Subventionen ab. Was tun?

Frage: Warum ist die Neubesetzung des Volkstheaters so schwierig?

Antwort: Das liegt einerseits an der seit jeher unklaren Ausrichtung des großen Hauses innerhalb der Stadt (es wurde von über 1.000 Plätzen bereits auf derzeit 850 verkleinert). Eine klare Abgrenzung zu Burgtheater und Josefstadt fehlt. Eine Neupositionierung ist also notwendig. Zugleich laboriert das Theater an einer jahrzehntelang nicht behobenen Unterdotierung, die die Konkurrenzfähigkeit und künstlerische Strahlkraft hemmt.

Frage: Warum wurde der Findungsprozess genau gestoppt?

Antwort: Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler hat den Prozess gestoppt, nachdem die Kommission einstimmig beschlossen hatte, vorerst keinen Kandidaten für die Nachfolge von Direktorin Anna Badora ab der Spielzeit 2020/21 vorzuschlagen. Neun der 72 Bewerber wurden zu einem Hearing eingeladen. Aber keiner der Kandidaten will jenen Qualitätsverlust verantworten, der mit einer Fortsetzung der "derzeitigen Mangelwirtschaft" zwangsläufig einhergehen würde.

Frage: Aber war die budgetäre Lage nicht schon vorher bekannt?

Antwort: Ja, sie wird seit langem intensiv diskutiert, bisher ohne konkrete Lösung. Die prekäre Lage wurde in den Gesprächen jetzt ein weiteres Mal bestätigt. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass Konzepte erst in detaillierten Gesprächen die Grenzen ihrer finanziellen Realisierbarkeit offenbaren", sagt Kaup-Hasler. "Ich habe jetzt den Pauseknopf gedrückt, damit spannende Kandidaten, die abgesprungen sind, wieder an Bord geholt werden können."

Frage: Wie hoch müsste die finanzielle Aufstockung denn sein?

Antwort: Die Findungskommission empfiehlt zusätzlich drei Millionen Euro jährlich plus die entsprechende künftige Valorisierung der Zuschüsse. Das ergäbe einen Jahresetat von insgesamt 18 Millionen Euro (bisher 15 Millionen). Der Findungskommission gehören unter der Leitung der Vorstandvorsitzenden der Volkstheater-Privatstiftung, Judit Havasi, folgende stimmberechtigte Jurymitglieder an: Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann; der kaufmännische Direktor der Salzburger Festspiele, Lukas Crepaz; der Theaterreferent der Stadt Wien, Arne Forke; sowie die designierte Intendantin der Münchner Kammerspiele (ab 2020), Barbara Mundel.

Frage: Aber haben nicht auch andere Theater wenig Budget?

Antwort: Im Vergleichsrahmen hat kein Theater so wenig finanzielle Mittel wie das Volkstheater. Das "Zwillingshaus" in Hamburg etwa, das ebenfalls von Fellner & Hellmer erbaute Schauspielhaus, verfügt jährlich über 23 Millionen Euro. Damit kann es sich leisten, auch "Zugpferde" ans Haus zu holen.

Frage: Welche künstlerische Richtung soll eingeschlagen werden?

Antwort: Die im Jänner erfolgte Ausschreibung der künstlerischen Direktion hat dahingehend viel Spielraum gelassen. Die Schärfung des Profils sollte aber einhergehen mit einer Verstärkung der "Publikumseinbindung" sowie einer intensiven Auseinandersetzung mit der Stadt. Der Erhalt eines fixen Schauspielensembles war keine Vorgabe, ist bei einem Haus dieses Formats aber sinnvoll.

Frage: Wird es jetzt eine Neuausschreibung geben?

Antwort: Nein. Das sei nicht notwendig, so Kaup-Hasler. Gespräche mit abgesprungenen Kandidaten könnten wiederaufgenommen werden.

Frage: Woher soll das Geld kommen?

Antwort: Kaup-Hasler hat grünes Licht von der Stadt, genau: vom Bürgermeister und dem Finanzstadtrat, für eine Aufstockung des Etats um zwei Millionen Euro. Dies allerdings nur dann, wenn auch der Bund mit einer Million mitzieht. Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) hat eine Subventionserhöhung allerdings ausgeschlossen. "Nicht alle Forderungen können erfüllt werden", sagte er als Reaktion auf den Stopp des Findungsprozesses.

Frage: Soll die Stadt alleine zahlen?

Antwort: Kaup-Hasler will weiter an den Kulturminister appellieren, seine Verantwortung wahrzunehmen. "Ich hoffe, dass wir wie in anderen Fällen auch konstruktiv Seite an Seite gehen werden", so die Stadträtin. Für den Fall, dass sich Blümel weiter unbeweglich zeigt, würde sie aber bei der Stadt nicht lockerlassen und die zwei Millionen beanspruchen. Auch wenn dies, wie sie sagt, taktisch unklug sein mag. (Margarete Affenzeller, 28.3.2019)