Zürich – Ein herkömmlicher Kompass richtet sich im Magnetfeld der Erde in Nord-Süd-Richtung aus. Auf Nano-Ebene allerdings ist das keineswegs selbstverständlich: Schweizer Wissenschafter haben ein besonderes Phänomen des Magnetismus bei Nanometer-kleinen Strukturen beobachtet, bei dem sich winzige Kompassnadeln anders orientieren. Das ungewöhnliche Phänomen könnte dabei helfen, die Leistungsfähigkeit von Mikroprozessoren zu steigern.

Experten um Laure Heyderman und Pietro Gambardella vom Paul Scherrer Institut (PSI) und der ETH Zürich konnten eine besondere magnetische Wechselwirkung auf der Ebene von nanoskopischen Strukturen aus wenigen Atomschichten beobachten. Atome wirken dabei wie Nano-Kompassnadeln, richten sich aber nicht nur in Nord-Süd-, sondern auch in Ost-West-Richtung aus.

Die Nachbarschaft gibt den Ausschlag

Wohin diese Nano-Kompassnadeln zeigen, hänge davon ab, wie sich die Atome in der Nachbarschaft orientieren, erklärte Studienautor Zhaochu Luo vom PSI und der ETH. Zeigt eine Gruppe von Atomen nach Norden, weist die benachbarte Gruppe immer nach Westen. Zeigt eine Gruppe nach Süden, weist die Nachbargruppe nach Osten. Mithilfe von Magnetfeldern oder elektrischen Strömen lassen sich die jeweiligen Gruppen – und damit auch die Nachbargruppen – umpolen, wie die Forscher im Fachjournal "Science" schreiben.

Außergewöhnlich sei, dass diese Wechselwirkung horizontal, also zwischen Atomen einer Ebene, ablaufe, schrieb das PSI. Vergleichbare Kopplungen kannte man bisher nur vertikal, also bei übereinanderliegenden Atomgruppen. Vorhergesagt wurde das nun beschriebene Phänomen bereits vor mehr als 60 Jahren.

Effizientere Mikroprozessoren

Diese spezielle Wechselwirkung ermöglicht es auch, aus solchen Nanomagneten sogenannte Logikgatter zu bauen. Dabei handelt es sich um Bausteine in einem Computer, die eingehende Signale zu einem Ausgangssignal verarbeiten. Viele vernetzte Logikgatter im Computer führen Operationen durch. Baut man diese Bausteine aus Nanomagneten auf, würden diese ähnlich wie heutige Prozessoren funktionieren. Sie könnten aber Mikroprozessoren kompakter und effizienter machen, so das PSI. (red, APA, 31.3.2019)