Dreizehenmöwen sind entlang der Küsten von Nordatlantik und Nordpazifik beheimatet.

Foto: Joel White

Wien – Forschern der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmed) ist es erstmals gelungen, bei Wildtieren eine sexuell übertragene Infektion experimentell nachzuweisen. Bei Haustieren sowie Wildtieren in Käfighaltung konnte diese Form von Infektionen bereits nachgewiesen werden – bei Tieren in freier Wildbahn ist es ungleich schwerer. Das Forscherteam um Richard Wagner vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung setzte dafür auf ein Experiment.

Das Experiment

Für die im Fachblatt "The Biological Journal of the Linnean Society" veröffentlichte Arbeit fingen die Forscher 70 zufällig ausgewählte Pärchen einer Wildkolonie von Dreizehenmöwen (Rissa tridactyla) in Alaska. Anschließend wurde jedem Vogel Proben aus der Kloake entnommen, dem gemeinsamen Körperausgang, in den Darm, Harnleiter und Geschlechtsorgane münden.

Bei 33 Männchen blockierten die Forscher dann den Samenfluss mit einem Ringaufsatz an der Kloake. "Der einfache Plastikring um die Kloake der Männchen der experimentellen Gruppe, der von uns schon in einer vorangegangenen Studie entwickelt und getestet wurde, wirkt im Prinzip wie ein die Samenabgabe blockierender Keuschheitsgürtel", erklärt Wagner. Nach der ersten Eiablage wurden die Aufsätze entfernt und erneut Proben bei allen Tieren genommen.

Ergebnisse

Es zeigte sich, dass ein pathogener Bakterienstamm bei der Paarung über das Ejakulat übertragen wurde. Eine Übertragung des Pathogens über andere Wege, etwa bei Paarungsritualen wie gegenseitigem Füttern oder über das gemeinsame Nest konnte dank des Keuschheitsgürtels ausgeschlossen werden. Weitere Analysen bestätigten die Verwandtschaft dieser sexuell übertragbaren Bakterien zu Corynebakterien, die auch beim Menschen als Erreger unter anderem von Geschlechtskrankheiten bekannt sind.

Um die Auswirkungen auf die individuelle Fitness der Möwenweibchen abschätzen zu können, wurden weitere Proben von je über 170 Weibchen und Männchen genommen und analysiert. Zusätzlich wurden die Gelege und der Aufzuchterfolg beobachtet. Die Forscher stellten fest, dass der Reproduktionserfolg zwar ähnlich war – allerdings konnten die infizierten Weibchen diesen nur erbringen, indem sie früher Eier legten und größere Gelege hatten. Was eine kostspielige Strategie ist und an ihrer Substanz zehrt. (APA, red, 30. 3. 2019)