Um Kinder vor Cybermobbing zu bewahren oder ihnen zu helfen, wenn sie davon betroffen sind, sollten Eltern laut Polizist und Diplomsozialpädagoge Alexander Geyrhofer in ständigem Kontakt und in Beziehung zu ihnen sein. "Es ist wichtig, das Kind präventiv darauf vorzubereiten, dass die digitale Welt nicht immer die heile Welt ist", ist der Polizist überzeugt.

"Kinder reagieren immer"

"Je sozialer das Umfeld ist, in dem Kinder aufwachsen, und Werte und Normen gelebt und unterrichtet werden, desto geringer ist das Risiko, ausgegrenzt zu werden oder jemanden auszugrenzen", führte Geyrhofer aus. Falls Kinder merken, dass jemand in der Klasse z.B. über WhatsApp gemobbt wird, sollten sie Screenshots machen und sich ihren Eltern oder dem Klassenvorstand mitteilen, damit diese helfend eingreifen. Falls Eltern beim Kind Wesensveränderungen bemerken, sollten sie sensibel sein und genauer hinschauen. "Kinder reagieren immer", so der Experte. "Das kann sich in Aggression, psychosomatischen Erkrankungen, Schulunlust oder Notenverschlechterung widerspiegeln."

Wird Cybermobbing ein schulisches Problem, dann sei der Weg zum Klassenvorstand nicht vermeidbar. "Wenn es extrem ist, würde ich auch den Gang zur Polizei nicht scheuen. Cybermobbing ist seit drei Jahren strafrechtlich verfolgbar. Wichtig ist, genügend Beweise zu sichern", rät Geyrhofer. Die geltende Gesetzgebung hält er für ausreichend.

Egoshooter nicht Schuld an Amokläufen

Wer glaubt, dass Gewaltspiele für Amokläufe ("School Shootings") verantwortlich sind, der liege falsch, ist Geyrhofer überzeugt: "Die menschliche Generalisierungstendenz ist es, sich für das eigene Versagen immer einen Sündenbock zu suchen. Es gibt Hunderte Millionen Egoshooter-Spieler auf der Welt. Da müssten wird ja auch zahlreiche Amokläufe haben und das ist Gott sei Dank nicht so". Zwei einflussreiche Faktoren hinsichtlich der Computerspiele seien jedoch zu beachten. Zum Einen seien dies die Altersgrenzen: "Da finde ich es erschütternd, dass es teilweise Eltern völlig egal ist, welche Spiele ihr Kind spielt. Die Altersangaben auf den Spielen sind ja nicht umsonst angebracht. Kinder können bis zum Alter von etwa neun Jahren zwischen virtuell und real nicht unterscheiden und ängstigen sich auch bei Zeichentrickfilmen mit Gewaltinhalten. Die Kinder müssen dann diese Horrorszenarien verarbeiten, leiden unter Schlafstörungen und das zeigt sich möglicherweise auch in aggressivem Verhalten."

Risikofaktor

Der weit wichtigere Faktor sei, dass Kinder "stundenlang vor irgendwelchen Bildschirmen geparkt" werden. Allen voran vor dem Fernseher. "Wenn Kinder mehrere Stunden vor Bildschirmen sitzen, fehlt diese Zeit, um mit der Familie Beziehung zu leben. Mangelnde Beziehung bedeutet, dass die Spiegelneuronen, die für unsere Empathie-Fähigkeit wichtig sind, wenig trainiert werden." Wenig Beziehung bedeute zudem ein Risikofaktor für Gewalt- oder Suchtentstehung.

Während seiner beruflichen Tätigkeit in der polizeilichen Prävention im Bereich Jugendgewalt- und Cybercrime-Prävention über fast zwei Jahrzehnte erschütterte Alexander Geyrhofer immer wieder "die Grässlichkeit, mit der manche Täter vorgehen", wie er erzählte. "Verwundert hat mich, dass auf die rasend schnelle Entwicklung des Internets und der technischen Möglichkeiten relativ langsam reagiert wurde. Die Technik hat viele überholt." Besonders stolz habe ihn gemacht, dass die Polizei die Probleme erkannt habe und seit mehr als zehn Jahren an Schulen in Österreich Schülerworkshops, Elternabende und Lehrerinformation anbietet. (APA, 30.3.2019)