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Zuzana Čaputová bei einer Rede am Samstagabend.

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Čaputová beim Urnengang mit ihrer Tochter.

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Bratislava – Die Kandidatin der neugegründeten liberalen politischen Partei Progessive Slowakei (PS) Zuzana Čaputová hat ihre Favoritenrolle auch in der entscheidenden zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen bestätigt. Nach Auszählung von 96,78 Prozent der Stimmen lag die 45-Jährige in der Nacht auf Sonntag mit 58,27 Prozent deutlich vor dem langjährigen Europapolitiker Maros Sefcovic mit 41,72 Prozent.

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Kurz nach Mitternacht gab Sefcovic bereits seine Niederlage zu. Er habe mit der neuen Präsidentin telefoniert und auch Blumen geschickt, als "erste Frau an der Spitze des Staates hat sie diese verdient", sagte er in einer ersten Reaktion. Ab der heutigen Nacht liege auch viel Verantwortung bei ihr, denn der Slowakei stünden Zeiten bevor, in denen eine Vereinigung des Landes notwendig sei, erklärte Sefcovic.

Versöhnende Worte

Die neu gewählte Präsidentin bedankte sich bei ihren Wählern erneut auch in den Minderheitensprachen der Slowakei. "Ich werde auch mit ihnen sein, deren Vertrauen ich noch nicht gewonnen habe. Ich werde mich um sie bei der Ausübung meines Mandats bemühen", sagte sie. Die Slowakei verlange Veränderungen. "Wir dachten, der Damm zwischen Konservativem und Liberalem sei nicht zu versöhnen, wir haben ihn aber überbrücken können", erklärte Čaputová.

Auch der österreichische Bundespräsident gratulierte.

Die 45-jährige Liberale hatte vor der Stichwahl die bessere Startposition. In der entscheidenden Wahlrunde, ausgetragen zwischen den zwei Bestplatzierten des ersten Wahldurchgangs, ging sie mit einem markanten Vorsprung von über 20 Prozent aus dem ersten Durchgang gegenüber dem renommierten EU-Kommissar. Trotz ihrer liberalen Ansichten in der Familienpolitik konnte sie auch bei konservativen und christlichen Wählerkreisen gut punkten.

Kein aggressives Vokabular

Die vor zehn Jahren als Umweltaktivistin im Kampf gegen eine Mülldeponie erstmals politisch aktiv gewordene Čaputová betonte dies auch nach ihrem Sieg neuerlich: "Ich freue mich nicht nur über diesen Wahlsieg, sondern auch über die Art, wie er gelungen ist: Wir haben gezeigt, dass man nicht ein populistisches und aggressives Vokabular verwenden muss, um erfolgreich zu sein."

Mit den Vertretern der sozialdemokratisch geführten Regierung von Regierungschef Peter Pellegrini erwarte sie eine "konstruktive Zusammenarbeit", sagte die Wahlsiegerin. In den nächsten Tagen wolle sie sich mit Vertretern der Regierung treffen, um die Zusammenarbeit zu besprechen, kündigte sie an. Das slowakische Staatsoberhaupt hat ähnlich wie in Österreich vorwiegend repräsentative Aufgaben.

Dankesworte in mehreren Sprachen

In einer ersten Reaktion auf das Ergebnis dankte Čaputová den Wählern nicht nur auf Slowakisch, sondern auch in den Sprachen der ungarischen und der Roma-Minderheit sowie auf Tschechisch für ihr Vertrauen, das sie als Signal der Veränderung interpretierte. Sefcovic gratulierte ihr zu ihrem Erfolg. Ihre Anhänger feierten sie mit Sprechchören "Zuzana, Zuzana!".

Der 52-jährige parteilose Karrierediplomat, aufgestellt von der stärksten Regierungspartei Smer (Richtung) von Ex-Premier Robert Fico, schaffte es nicht mehr dieses Manko auszumerzen. Vor der Abstimmung hatte er noch versucht Nichtwähler und Anhänger rechtsextremer und rechtspopulistischer Kandidaten, die im ersten Durchgang durchgefallen waren, zu gewinnen.

Niedrige Wahlbeteiligung

Diese sind aber sichtlich nicht zu den Wahlurnen gekommen, mit nur 41 Prozent lag die Wahlbeteiligung am Samstag deutlich unter der ersten Runde. Keiner der beiden Finalisten mit ihrer eindeutig proeuropäischen und prowestlichen Ausrichtung war für sie annehmbar.

Der Sieg von Čaputová wurde zwar allgemein erwartet, dennoch gilt er als eine Sensation. Das weitgehend konservativ und christlich geprägte Land wird erstmals in seiner Geschichte eine Frau zur Präsidentin bekommen, was vor wenigen Monaten noch unmöglich schien. "Wir sind in ein Stadium gekommen, in dem das Gesamtbild eines Kandidaten entscheidet und nicht dessen Geschlecht", kommentierte der bekannte Publizist Marian Lesko in der Wahlnacht für den TV-Sender Markiza. Ersten Einschätzungen nach dürfte Sefcovic die Rückkehr nach Brüssel einem Wechsel in die slowakische Politik vorziehen.

Viele Stimmen für Rechte

Der Wahlsieg von Zuzana Čaputová dürfte laut Beobachtern den weiteren Kurs der Slowakei andeuten. Der neuen Progressiven Slowakei, die derzeit noch nicht im Parlament vertreten ist, wird er auch bei den Europawahlen im Mai zusätzlichen Aufwind sichern. Die Chancen der sozialdemokratischen Smer scheinen hingegen eingeschränkt, was auch für die nächstes Jahr anstehenden Parlamentswahlen gelten dürfte. Immer realer erscheinen hingegen weitere Erfolge der extremen Rechten, für die im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl gut 25 Prozent der Slowaken gestimmt hatten.

In der Slowakei hat ein Präsident weitgehend nur repräsentative Kompetenzen, eine wichtige Rolle kommt ihm allerdings bei der Ernennung von Verfassungsrichtern zu, die demnächst ansteht. Auch bei Regierungskrisen hat er entscheidende Kompetenzen.

Das offizielle Endergebnis wird die Wahlkommission erst am Sonntag bestätigen. Der aktuelle Staatschef Andrej Kiska, der sich nicht mehr um eine zweite Amtszeit bewerben wollte, bleibt noch bis 15. Juni im Amt. Seine Nachfolgerin wird am selben Tag angelobt. (APA, 31.3.2019)