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Die nordkoreanische Botschaft in Madrid.

Foto: Reuters/Perez

Nordkoreas Regierung hat einen Überfall auf die Botschaft des asiatischen Landes in Spanien als "schwerwiegenden terroristischen Angriff" bezeichnet. Damit reagierte Pjöngjang erstmals öffentlich auf einen mysteriösen Zwischenfall am vergangenen 22. Februar, fünf Tage vor dem Gipfeltreffen von US-Präsident Donald Trump mit seinem nordkoreanischen Amtskollegen Kim Jong-un in Vietnam. Ein Kommando aus zehn bewaffneten Männern hatte die Botschaft Nordkoreas in Aravaca, einem Vorort der spanischen Hauptstadt Madrid, am helllichten Nachmittag gestürmt.

Mittlerweile hat der spanische Ermittlungsrichter José De la Mata sieben Beteiligte identifiziert. Gegen zwei von ihnen stellte er einen internationalen Haftbefehl aus. Sie sollen sich in die USA abgesetzt haben. Bei einem der beiden Gesuchten handelt es sich um Adrian Hong Chang, einem nordkoreanischen Dissidenten mit mexikanischer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz in den USA.

Er ist der Chef der Organisation Cheollima Cicil Defense, die im Internet die Verantwortung für die Aktion übernommen hat. Nach Angaben der wenig bekannten Gruppe wurden "Informationen von hohem potenziellem Wert" an die US-Bundespolizei FBI weitergegeben. Laut Ermittlern in Spanien steht Hong Chang auch mit dem US-Geheimdienst CIA in Verbindung. Hong Chang soll laut den richterlichen Ermittlungen nur wenige Stunden vor dem Überfall "taktisches Material und Kampfausrüstung" in Madrid gekauft haben. Zwei weitere Verdächtige, ein Südkoreaner und ein US-Bürger, hätten bereits am Vortag weiteres Material erstanden.

Überfallkommando

Die Polizei wurde auf den Überfall aufmerksam, als an jenem Freitag gegen 17 Uhr die Nachbarn der Botschaft auf eine laut schreiende Frau aufmerksam wurde. Als eine Streife eintraf, öffnete ein vermeintlicher Botschaftsmitarbeiter die Tür und erklärte, alles sei in Ordnung. Da Botschaften Immunität genießen, blieb den Beamten nichts anderes übrig, als sich zurückzuziehen und aus gebührender Entfernung das Gebäude zu beobachten.

Gegen 21.40 Uhr öffnete sich das Tor, zwei teure Limousinen fuhren mit hoher Geschwindigkeit davon. Einer der Fahrer war eben jener Mann, der die Polizei weggeschickt hatte. Die Fahrzeuge, Eigentum der diplomatischen Vertretung, wurden wenig später verlassen aufgefunden.

Das Überfallkommando hatte die acht anwesenden Mitarbeiter geknebelt, ihnen Tüten über den Kopf gestülpt und sie dann unter Schlägen stundenlang verhört. Der Chef des Überfallkommandos, der sich laut spanischer Presse "Empresario", der "Unternehmer", nennen ließ, kümmerte sich in einem Nebenraum höchstpersönlich um den Handelsattaché, der die Geschäfte der diplomatischen Vertretung führt, seitdem 2017 Botschafter Kim Hyok-chol nach einer der zahlreichen internationalen Atomwaffenkrisen Nordkoreas ausgewiesen worden war.

Das Kommando nahm zwei Computer, zwei USB-Sticks, zwei Festplatten mit Aufnahmen unter anderem der Sicherheitskameras, sowie ein Mobiltelefon mit. Der Überfall galt vermutlich Informationen über den ehemaligen Botschafter Kim Hyok-chol. Dieser gehört zu den engen Vertrauten des nordkoreanischen Staatspräsidenten Kim Jong-un. Er verhandelte im Vorfeld des Gipfels zwischen Trump und Kim Jong-un in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang mit dem US-Sondergesandten Stephen Biegun. (Reiner Wandler aus Madrid, 31.3.2019)