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Freude bei Zuzana Čaputová, der künftigen Präsidentin der Slowakei. Im Wahlkampf bevorzugte sie stets die leisen Töne.

Foto: Reuters / David W Cerny

Die einen sprechen von einer "Sensation", die anderen vom "erwarteten Sieg". Beides stimmt. Die Siegerin der slowakischen Präsidentschaftswahl war bis vor kurzem ein politischer Nobody. Doch nachdem sich Zuzana Čaputová in der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen mit mehr als 40 Prozent der Stimmen an die Spitze gesetzt hatte, bezweifelte kaum mehr jemand, dass sie das erste weibliche Staatsoberhaupt der Slowakei werden würde.

Die liberale Juristin und Bürgerrechtsanwältin war als Kandidatin der noch jungen, nicht im Parlament vertretenen Partei Progressive Slowakei (PS) ins Rennen gegangen. Erste politische Sporen hatte sie sich als Umweltaktivistin im Kampf gegen eine Mülldeponie verdient. Über 14 Jahre zog der sich hin, am Ende siegte Čaputová vor dem Obersten Gericht.

Aufgeheizte Stimmung

Im Wahlkampf war sie vor allem durch freundliche Zurückhaltung aufgefallen, durch leise und sachliche Töne in einer Atmosphäre, die seit der Ermordung des jungen Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová im Februar vergangenen Jahres stark aufgeheizt ist. Der immer noch nicht restlos aufgeklärte Mord hatte in ganz Europa Schockwellen ausgelöst und in der Slowakei eine Bürgerrechtsbewegung entstehen lassen, die sich für unabhängige Ermittlungen und gegen Korruption starkmachte. Es folgten die größten Protestkundgebungen seit der Samtenen Revolution des Jahres 1989. Der Druck wurde schließlich so groß, dass zuerst Innenminister Robert Kaliňák und schließlich auch Premierminister Robert Fico zurücktreten mussten.

Doch es brodelte weiter im Land. Denn die Regierungskoalition von Ficos Partei Smer – laut Eigendefinition sozialdemokratisch, für viele jedoch eher linkspopulistisch – mit der Slowakischen Nationalpartei (SNS) und der slowakisch-ungarischen Most-Híd konnte sich weiter an der Macht halten. Und den neuen Premierminister Peter Pellegrini halten viele Slowaken nach wie vor als Marionette Ficos, der als Smer-Chef weiter die Fäden ziehe.

Kometenhafter Aufstieg

Ein Hoffnungsträger für die Protestbewegung war Staatspräsident Andrej Kiska, der Fico kritisch gegenübersteht. Doch Kiska wollte bei der Wahl kein zweites Mal antreten, und so stellte sich die Frage, wer aus dem regierungskritischen Lager in seine Fußstapfen treten könnte. Ein Schlüsselmoment war der Rückzug des liberalen Kandidaten Robert Mistrík Ende Februar. Er hatte Čaputová vereinbarungsgemäß das Feld überlassen, nachdem diese in den Umfragen vor ihm lag und sich im liberalen Lager die besseren Chancen ausrechnen durfte.

Von da an war die kurz zuvor weitgehend unbekannte 45-Jährige eine Top-Anwärterin auf das Amt des Staatsoberhaupts – obwohl sie etwa mit der Befürwortung des Adoptionsrechts für homosexuelle Paare bei vielen Konservativen im Land aneckte. In der Stichwahl am Samstag siegte sie schließlich mit mehr als 58 Prozent der Stimmen klar gegen Maroš Šefcovič, einen parteilosen EU-Kommissar, der für die Smer kandidiert hatte. Sie wolle wie Kiska eine "klar proeuropäische Position" vertreten, sagte Čaputová am Sonntag nach Veröffentlichung des Ergebnisses. Am 15. Juni soll sie ihr Amt antreten.

Chancen bei kommenden Wahlen

Unterstützer Čaputovás hoffen nun auf weitere Erfolge bei der EU-Wahl im Mai und bei den Parlamentswahlen 2020. Chancen darf sich aber auch die rechtsextreme Volkspartei Unsere Slowakei (ĽSNS) ausrechnen: Ihr Anführer Marian Kotleba hat sich im Präsidentschaftswahlkampf erneut ins Gespräch gebracht und errang im ersten Wahlgang mehr als zehn Prozent der Stimmen. Mit Spannung wird auch erwartet, wie der prorussische Höchstrichter Štefan Harabin weiter in der Politik mitmischen will. Er war in Runde eins mit knapp 15 Prozent auf Platz drei gelandet. (Gerald Schubert, 31.3.2019)