Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) möchte, dass Menschen automatisch Organspender sind.

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"Zehntausend warten. Jeder von uns könnte morgen einer sein, der auch wartet." Mit diesen Worten wirbt der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für einen Gesetzesentwurf aus seinem Haus, der auch von Abgeordneten der SPD, der CSU sowie der Linken unterstützt wird und der in Deutschland für viele Diskussionen sorgt.

Spahn und seine Mitstreiter wollen die Praxis bei der Organspende quasi "umdrehen". Derzeit muss man sich in Deutschland zu Lebzeiten aktiv für eine Organspende entscheiden. Nur dann dürfen, im Fall eines späteren Hirntods, jemandem Organe entnommen werden.

Doch es gibt in Deutschland zu wenige Organspender. Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation warten rund 9400 Menschen auf ein Spenderorgan. Gespendet haben im Jahr 2018 aber nur 955 Personen.

Künftig soll in Deutschland die Widerspruchslösung gelten. Das bedeutet: Alle Deutschen werden grundsätzlich zu Organspendern – außer sie widersprechen aktiv.

Spahn tritt für doppeltes Nachfragen ein. Im Falle eines Hirntods muss der Arzt zunächst in einem Register nachsehen, ob ein Widerspruch vorliegt. Wenn nicht, dann ist er auch noch verpflichtet, die Angehörigen zu fragen, ob ihnen eine Willensäußerung zur Organspende bekannt ist.

Zettel im Geldbörsel

In Österreich gibt es mehrere Möglichkeiten für den Widerspruch. Er kann auf einen Zettel niedergeschrieben sein, den man im Portemonnaie mitführt, man kann ihn aber auch bei Angehörigen deponieren oder sich in das Widerspruchsregister eintragen, das seit 1995 vom Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) gemeinsam mit der Vergiftungsinformationszentrale geführt wird.

Spahns Pläne stoßen jedoch auf Widerstand. Als "unnötig und schädlich" kritisiert Peter Dabrock, der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, die Regelung: "Damit wird der Körper nach dem Tod zu einem Objekt der Sozialpflichtigkeit."

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, verweist darauf, dass die Organspende eine freiwillige Entscheidung sein sollte. Die Widerspruchslösung jedoch setze darauf, dass die meisten Menschen sich mit dem Thema gar nicht beschäftigen. "Schweigen heißt aber nicht Zustimmung", sagt Brysch. "Es ist keine Organabgabepflicht", widerspricht Spahn und fügt hinzu: "Aber es ist eine Verpflichtung, sich mit dem Thema zu beschäftigen."

In den Bundestag wird aber noch ein zweiter, fraktionsübergreifender Antrag eingebracht, für den sich Grünen-Chefin Annalena Baerbock starkmacht. Dieser Gesetzesentwurf sieht vor, die Organspende auf freiwilliger Basis zu belassen.

Allerdings sollen die Bürgerämter angewiesen werden, alle zu fragen, ob sie nicht Organspender werden wollen, wenn die Betreffenden einen neuen Reisepass beantragen. Bei positiver Antwort erfolgt der Eintrag in ein Register. (Birgit Baumann aus Berlin, 1.4.2019)