Konfuzius, dessen Name auch im Reisfeld zu lesen ist, war ein chinesischer Philosoph, der vor 2500 Jahren lebte. Heute ist er Namensgeber für weltweit über 500 Sprach- und Kulturinstitute Chinas.

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Drei Tage vor ihrer Abreise aus Peking bekam die Chinesisch-Lehrerin einen Vertrag vorgelegt. Darin musste sie unterschreiben, dass sie keine Falun-Gong-Anhängerin sei. Es ging alles sehr schnell, erzählt sie, alles war für die Reise vorbereitet. Die Lehrerin konnte nicht offenlegen, dass sie eigentlich Anhängerin der Bewegung ist, denn die ist in China illegal. Also unterschrieb sie und flog zu ihrem neuen Job: In Toronto würde sie an der McMaster-Uni am Konfuzius-Institut (KI) Mandarin-Chinesisch als Fremdsprache lehren.

Auch in der kanadischen Stadt lebte sie in der Angst, aufzufliegen, erzählt sie dem STANDARD. Und dass sie in China in Haft käme – oder ihre Eltern, die dort leben. Auch heute will sie ihren Namen nicht nennen. Nach Ende des Einjahresvertrags hat sie bei der Uni Beschwerde eingelegt. Die hat daraufhin 2013 als erste Hochschule weltweit das KI geschlossen.

Seitdem erging es vielen KIs ähnlich. Die Unis von Chicago und Penn State haben die Verträge beendet, genauso wie etliche weitere Unis in den USA und Kanada. In Europa hat zuletzt die Universität Leiden die Zusammenarbeit gestoppt, wie zuvor Schulen in Stockholm, Kopenhagen, Stuttgart oder Lyon. Der Job der KIs sei, "ein freundliches Gesicht" für eine Regierung zu schaffen, die verantwortlich für so viele Tote ist wie fast keine andere, begründet der Bildungsminister von New Brunswick, Dominic Cardy, das Ende in Kanadas Bundesstaat.

Politisch heikle Diskussionen unerwünscht

Die Vorwürfe gehen über die Diskriminierung von Lehrpersonal hinaus. Über die KIs würde China politischen Einfluss auf dem Campus ausüben. Die KIs werden in der Regel von den Unis und der Volksrepublik kofinanziert. Für China ist das Hanban zuständig, eine außenpolitische Kulturinstitution, die dem Bildungsministerium in Peking untergeordnet ist. Laut Hanban-Verfassung dürfen KIs nicht gegen Gesetze und Regulierungen Chinas verstoßen, alle Aktivitäten müssen mit der "Mission" von KI übereinstimmen.

Debatten verboten

Dadurch, so Kritiker, würde es zur Zensur von Inhalten kommen. Die Lehrerin aus Kanada berichtet, dass bestimmte Diskussionen verboten waren. Einmal habe die Klasse Sieben Jahre in Tibet angeschaut und darüber diskutiert. Die Direktorin habe das wütend gestoppt und gedroht, dass die Lehrer einen Bericht an die kommunistische Partei schicken müssten. Außerdem, so die Lehrerin, habe sie bei ihrer Ausbildung in China gelernt, wie man mit "offenen Schülern" im Westen umgehen sollte. Wenn diese etwa Tibet, Taiwan oder die Uiguren-Situation ansprechen, sollte sie vom Thema ablenken. "Wenn sie hartnäckig blieben, sollten wir nur die Regierungslinie weitergeben."

In den USA müssen sich die Institute seit August als "ausländische Akteure" registrieren. Der Schritt erfolgt im Zuge der chinafeindlicheren Politik von Präsident Donald Trump. Aber auch Australien hat Ende März bekannt gegeben, dass sich KIs unter dem neuen "Foreign Influence Transparency Scheme" registrieren müssen. In anderen Teilen der Welt wie Asien und Afrika boomen die Institute aber weiter.

In Österreich gibt es zwei KIs, in Wien und Graz. Sinologieprofessor Richard Trappl, Direktor des Wiener Instituts, sagt, man nehme jede Kritik ernst. Lehrende würden nach "objektiven Maßstäben der didaktischen und fachlichen Qualifikation" ausgewählt, nicht alle stammen aus China. Der religiöse Hintergrund sei Privatangelegenheit, so Trappl. Das Budget in Wien komme über drei Teile zustande: Kursgebühren, Hanban-Förderung und Sachleistungen der Uni Wien. Diese stellt die Räume am Alten-AKH-Campus zur Verfügung. Wie jedem Fördergeber, so Trappl, "steht es auch Hanban zu, einzelne Projekte abzulehnen" – was in Wien aber noch nie vorgekommen sei. (Anna Sawerthal, 2.4.2019)