Die feinen Strukturen im Körper machen es Chirurgen nicht leicht, Tumoren zu entfernen. Ultraschall könnte eine Alternative werden.

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Ultraschallwellen zeigen, was im Inneren des Körpers vor sich geht. Das bekannteste Beispiel ist der diagnostische Ultraschall für Schwangere. Dazu werden Schallwellen in das Innere des Körpers geschickt, das Echo dieser Wellen wird wieder aufgefangen. Das sich daraus ergebende Muster dient dem Computer als Basis, um ein Bild der inneren Organe zu erstellen.

Seit mehreren Jahren helfen Ultraschallwellen aber auch dabei, Krebstumoren nicht nur zu erkennen, sondern diese auch gezielt anzugreifen. Die Methode heißt hochintensive fokussierte Ultraschalltherapie (Hifu). Der Vorteil: Die Therapie ist minimalinvasiv. Die Ultraschallwellen werden von außen gebündelt und gezielt auf den Tumor gerichtet. Das erzeugt Wärme, das Gewebe erhitzt sich, die Tumorzellen sterben ab.

Option bei Bauchspeicheldrüse

Bewährt hat sich der Einsatz etwa bei der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ist eine Operation nicht möglich – wenn etwa der Tumor von lebensnotwendigen Arterien umgeben ist -, gibt es wenige Alternativen. Dazu zählen lokal begrenzte Eingriffe, bei denen eine Nadel oder Sonde in den Körper eingeführt wird, oder die Chemotherapie.

"Die meisten Patienten, die zu uns kommen, haben entweder trotz Chemo ausgeprägte, zum Teil morphinabhängige Schmerzen, der Tumor wächst weiter, oder sie vertragen die Chemotherapie nicht", erklärt Holger Strunk, Oberarzt an der Radiologischen Universitätsklinik Bonn, die sich auf die Hifu-Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs spezialisiert hat. "Untersuchungen zeigen, dass diese Methode bei rund 80 Prozent der Betroffenen zur Linderung der Schmerzen beiträgt", so der Experte.

Schmerz lindern

Die in Bonn verwendete Technik ist das erste Hifu-Gerät im deutschsprachigen Raum, bei dem sowohl Diagnose als auch Therapie mit Ultraschall erfolgen. "Der größte Vorteil daran ist, dass wir während der Behandlung den Tumor ständig in Echtzeit sehen können", erklärt Strunk.

Das Hauptziel ist, die Schmerzen des Patienten zu lindern und die Lebensqualität zu steigern. Der Tumor kann sich durch die Behandlung zwar verkleinern, komplett beseitigen lässt er sich aber nur in Ausnahmefällen. Hifu ist aber derzeit ohnehin nicht als alleiniges Behandlungsverfahren vorgesehen, sondern als Alternative zu einem Eingriff oder als Ergänzung zur Chemotherapie.

"Die Patienten kommen meistens erst in einem sehr späten Stadium zu uns. Unser Ziel ist dann eindeutig die Linderung der Beschwerden. Ob das auch das Überleben verlängert, wissen wir noch nicht, es spricht aber einiges dafür", erklärt Strunk.

Gegen Prostatakrebs

Anders ist das beim Prostatakrebs. Bei bestimmten Patienten kann der Tumor durch Hifu vollständig entfernt werden. "Der Patient ist somit vorerst tumorfrei", erläutert Shahrokh Shariat, Leiter der Urologie an der Med-Uni Wien. Das sei vor allem deshalb möglich, weil die Tumoren heute sehr genau lokalisiert, charakterisiert und mit den Ultraschallwellen gezielt angegriffen werden können.

Früher mussten Ärzte vergleichsweise ungezielt vorgehen und große Teile der Prostata entfernen. Heute kommen nur jene Karzinome weg, die Shariat als "biologisch und klinisch signifikant" bezeichnet.

Die Bildtechnik basiert auf Magnetresonanz, zusätzlich wird eine Gewebeprobe entnommen. Beides fusioniert das System zu einer 3D-Darstellung. "Auf diese Weise können wir sehr gezielt die zu behandelnden Areale erkennen und die Hifu maßgeschneidert einsetzen", so Shariat.

Erst in den Anfängen

Die Behandlung ist kaum invasiv, der Schallkopf wird durch das Rektum in den Körper eingeführt. "Wir haben bisher keine Nebenwirkungen gesehen. Was Sexualität und Kontinenz betrifft, erreichen wir im Vergleich zu anderen Behandlungsformen eine weitaus bessere Lebensqualität", so der Urologe.

Diese Behandlung ist jedoch nur für spezielle Patientengruppen geeignet. "Sie kommt für Männer mit einem niedriggradigen und wenig aggressiven Prostatakarzinom infrage, die keine aktive Überwachung möchten, aber auch noch keine Operation oder Bestrahlung benötigen", so Shariat.

Die Studienlage bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit von Hifu ist allerdings erst noch im Anfangsstadium. In Deutschland hat der Gemeinsame Bundesausschuss entschieden, dass sie als Behandlungsmethode bei nichtchirurgisch behandelbaren bösartigen Neubildungen von Bauchspeicheldrüsenkrebs eingesetzt werden kann.

Mangel an Studien

In Österreich hat das Ludwig-Boltzmann-Institut für Health Technology Assessment im Jahr 2018 eine Studie durchgeführt, um den Einsatz bei Prostatakrebs zu evaluieren. Das Fazit: Der aktuelle Forschungsstand genügt nicht, um Hifu in den Leistungskatalog der Sozialversicherungen aufzunehmen.

"Die derzeitige Evidenz ist nicht ausreichend, um Effektivität und Sicherheit im Vergleich zu aktiver Überwachung, wachsamem Abwarten, radikaler Prostatektomie oder Radiotherapie zu demonstrieren", sagt Studienautorin Judit Erdös.

Es mangelt an kontrollierten Studien mit großen Fallzahlen und längeren Beobachtungszeiträumen. In aktuellen europäischen und internationalen Leitlinien wird Hifu bei Prostatakrebs als experimentelle Behandlung beschrieben. Shariat, der Patienten im Rahmen einer prospektiven Studie behandelt, bestätigt ebenfalls: "Unter den Urologen in Europa herrscht derzeit Einigkeit darüber, dass noch mehr Daten gesammelt werden müssen, um auch die Langzeiteffekte zu verstehen." (Maria Kapeller, Cure, 27.6.2019)