Die Artenvielfalt der Salzlacken in der Region Seewinkel wird von der Fragmentierung der Lebensräume bedroht.

Foto: Zsófia Horváth

Diese kleinen Krebstierchen zählen zum Zooplankton, das in der Studie untersucht wurde. Auf dem Bild ist ein Feenkrebs (Branchinecta orientalis) zu sehen sowie mehrere Wasserflöhe (Daphnia magna).

Foto: Imre Potyó

Wien/Lunz am See/Neusiedl am See – Im burgenländischen Seewinkel nahm die Zahl der einzigartigen Salzlacken im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte stetig ab. Schuld daran ist hauptsächlich die intensivere Landwirtschaft: Zählte man vor mehr als 60 Jahren noch 116 Lacken, betrug die Zahl der für die Region so charakteristischen seichten Gewässer, die mitunter über gewisse Zeiträume austrocknen, vor neun Jahren nur noch 30.

Dieser dramatische Schwund hat auch Auswirkungen auf die Artendiversität der verbliebenen Lacken, wie nun ein Forscherteam von Ökologen aus Deutschland und Österreich nachgewiesen hat. Seit den 1950er-Jahren hat das Verschwinden der Salzlacken dort bis zum Jahr 2010 ganze 17 Plankton-Arten aussterben lassen. Warum die noch vorhandenen Gewässern so viel weniger Arten beherbergen, zeigte nun eine Studie im Fachjournal "Ecology Letters".

Computermodelle lösten das Rätsel

Aufgrund der Langzeitbeobachtungen in dem 270 Quadratkilometer umfassenden Untersuchungsgebiet gibt es umfassende Daten zum Auftreten von wirbellosem Zooplankton wie beispielsweise kleinsten Krebs- und Rädertierchen. Gingen den Ökologen unter der Führung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig dort im Jahr 1957 noch 64 Arten ins engmaschige Netz, wurden 2010 nur noch 47 Arten verzeichnet. Wie es zu dieser deutlichen Abnahme gekommen ist, hat das Team um die Erstautorin der Arbeit, Zsofia Horvath vom Forschungszentrum WasserCluster Lunz in Niederösterreich, nun im Rahmen von Computermodellierungen nachgezeichnet.

Demnach hätte die Reduktion der Lacken um rund 70 Prozent zum Verschwinden von lediglich vier Arten führen müssen. Berücksichtigten die Wissenschafter in ihren Berechnungen den Verlust der Wasserflächen, wäre ein Wegfall von neun Arten zu erwarten gewesen. Dass tatsächlich 17 Arten ausstarben, müsste laut Horvath demnach von weiteren "Effekten auf Landschaftsebene" mitverursacht worden sein, denn es sei ebenso auszuschließen, dass sich die Qualität des Lebensraumes an sich derart verschlechtert hat.

Größerer Abstand, höheres Aussterberisiko

Der Schlüssel lag in der Distanz zwischen den Klein-Gewässern: Fallen nämlich viele Lacken weg, wird der Abstand zur nächsten im Durchschnitt größer. Stirbt eine Art an einem Ort aus, wird es auch wahrscheinlicher, dass sie in der Region nicht mehr ausweichen kann, da die Ausbreitung der Eier durch den Wind, Amphibien oder Vögel schwieriger ist.

Die Langzeitdaten ermöglichten den Wissenschaftern also, einen sonst schwer nachzuweisenden regionalen Effekt zu enttarnen. Diese Erkenntnis sollte "künftig in der Modellierung stärker berücksichtigt werden – zum Beispiel bei der Berechnung des Aussterberisikos von Arten ", sagte der Ko-Autor der Studie, Jonathan Chase, vom iDiv. (red, APA, 2.4.2019)