Ob am Berg oder am Strand: Die Infrastrukturen für ortsunabhängiges Arbeiten werden immer besser.

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Coconat in Brandenburg ist ein Landhotel, das Rückzugsort für Fernarbeiter dient.

Foto: Coconat / Tilman Vogler

Auf dem riesigen Coconat-Gelände sind ruhige Plätze für den Laptop keine Mangelware.

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Surfen und arbeiten: Das wollte Surf-Office-Gründer Peter Fabor unter einen Hut bringen. Mittlerweile unterhält er zehn solcher Büros für Surfer in Europa.

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Auf einem Bio-Bauernhof in Italien lässt sich gut abschalten, um konzentriert zu arbeiten. Refuga nennt sich das System für Workation-Camps, das sich in erster Linie an Gruppen richtet.

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Das Volkshotel in Amsterdam war früher Redaktionsstube, heute kommen Hotelgäste zum Arbeiten hin.

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Das Ablenkungspotenzial ist aber groß im Volkshotel: Zu den Gästen zählen auch Künstler, die das Hotel als Galerie oder Ort für Performances nutzen.

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Arbeiten unter Palmen – so wird Workation oft angepriesen. "Arbeiten? Unter Umständen" kommt der Realität häufig näher. Das haben die Anfangsjahre für Angebote, die Arbeit (work) und Urlaub (vacation) kombinieren, gezeigt. Immer mehr Menschen verreisen ganz gezielt, um zu arbeiten. Es gibt jedoch handfeste Gründe dafür, dass man am Arbeitsplatz in der Ferne oft nicht so effizient hackeln kann wie erhofft.

So haben manche professionelle Anbieter von Workations zwar viel Erfahrung mit dem ortsunabhängigen Arbeiten, aber eine geringe Expertise als Reiseveranstalter. Teilnehmer der ersten einjährigen und pro Monat knapp 2000 Euro teuren Weltreise von Remote Year, dem bekanntesten und größten Organisator für Workations, klagten etwa über die schäbigen, ja nachgerade arbeitsfeindlichen Unterkünfte.

Bespaßung und Ablenkung

Blogger bewirken wiederum mit appetitlichen Bildern von der mobilen Arbeitswelt auf Instagram, dass die Reiseziele und die begleitende Bespaßung immer ausgefallener sein müssen. Die Anbieter sind in einen intensiven Wettbewerb eingetreten, der das Urlaubserlebnis oft über die Arbeitsbedingungen stellt. Zwischen den Tango-Tanzkurseinheiten in Buenos Aires oder den Surflektionen auf Bali ist es dann schwer, noch ans Remote-Office zu denken.

Grund genug, drei Workation-Konzepte aus Europa vorzustellen, bei denen man sogar seine Arbeit erledig bekommt.

Coconat, Klein Glien, Deutschland:

Coconat in Brandenburg ist ein Landhotel mit Co-Working-Space. Seit 2017 treffen sich dort fernarbeitende Hipster und die Start-up-Boheme aus Berlin zum Arbeiten und Netzwerken. Das Haus sieht sich selbst als Ort, an dem konzentriertes Arbeiten unter Gleichgesinnten im Vordergrund stehen soll – daher der Name Coconat für "Community and concentrated work in nature".

Tatsächlich bietet das riesige Areal ausreichend Rückzugsmöglichkeiten wie eine Hollywoodschaukel zum kreativen Sinnieren oder Picknicktische in Wald und Wiese, auf denen auch ein Laptop Platz findet. Längst halten hier die Kreativabteilungen großer Konzerne Meetings ab, Einzelpersonen sind dennoch willkommen. Das ist nicht selbstverständlich, häufig muss man eine Workation-Unterkunft als Team buchen. Im Coconat dagegen gibt es vom Zelt bis zum Einzelzimmer mit Vollpension passende Unterkünfte für Ein-Personen-Unternehmen, ab 15 Euro pro Nacht kommt man dort unter, ein Arbeitsplatz ist um zehn Euro pro Tag zu haben.

Info: Coconat Space

Surf Office, z. B. Gran Canaria, Spanien:

Surfen – beruflich im Internet und in der Freizeit auf den Wellen des Atlantiks: Das lässt sich unter einen Hut bringen, wenn die Voraussetzungen für konzentriertes Arbeiten geschaffen werden. 2013 eröffnete der slowakische Unternehmer Peter Fabor das erste "Surf Office" auf Gran Canaria, weil er bis dahin keine Möglichkeit sah, Hobby und Beruf zu vereinen. Von den recht kargen, aber perfekt ausgestatteten Büroräumen in Las Palmas ist es nur ein Katzensprung bis zu einem der attraktivsten Stadtstrände für Surfer weltweit. Heute betreibt er bereits zehn solcher Co-Working-Spaces für Surfbegeisterte in Europa, darunter in Portugal und Frankreich, zwei weitere in den USA.

Größter Nachteil seines Konzepts: Mittlerweile vermietet Surf Office nur mehr an Gruppen. Allerdings finden sich bereits Packages für Teams ab fünf Personen, Unterkunft, Verpflegung und Büroausstattung können individuell gewählt werden. Preisbeispiel: Ab 2000 Euro pro Person ist man auf Gran Canaria dabei, wenn zwölf Surfer eine Woche lang auf Arbeitsurlaub gehen.

Info: The Surf Office

Refuga, z. B. Montefalco, Italien:

Erholsame Rückzugsorte, an denen man konzentriert arbeiten kann, bietet seit 2012 auch der dänische Unternehmer Nikolaj Astrup-Madsen. Einer davon ist der stilvolle Biobauernhof in Montefalco in der italienischen Provinz Perugia, wo man sich nach einem anstrengenden Arbeitstag auf vegetarische und fleischliche Hirnnahrung freuen darf, die zum Teil vom eigenen, 40 Hektar großen landwirtschaftlichen Betrieb kommt.

Das Refuga-System unterscheidet sich in wesentlichen Aspekten vom Coconat-Konzept: Astrup-Madsen unterhält auch Workations-Camps in Spanien und Marokko, für die es jeweils nur einen Termin pro Jahr gibt. Anmelden kann man sich auch als Einzelperson, es müssen allerdings 15 Personen zusammenkommen, damit der Termin zustande kommt. Bezahlt wird ein Pauschalpreis (z. B. für sechs Tage im italienischen Anwesen mit Vollverpflegung und Transfer rund 1.740 Euro pro Person), zusätzlich werden Vespa-Ausflüge in die Umgebung oder Weintouren mit einem Sommelier angeboten.

Astrup-Madsen, der Apple oder Facebook zu seinen Kunden zählt, war in den vergangenen drei Jahren ununterbrochen auf Reisen. Dennoch machte er Refuga nebenbei zu einer Full-Service-Agentur für ortsungebundenes Arbeiten. Was die anbietet? Teambuilding im Everest-Basislager oder mit dem Chef das Survival-Training auf einer einsamen Insel zu überleben.

Info: Refuga

Volkshotel, Amsterdam:

Wer der Meinung ist, er braucht unbedingt ein urbanes Umfeld, um im Urlaub effizient zu arbeiten, ist mit dem Amsterdamer Volkshotel gut bedient. In die ehemaligen Redaktionsräume einer Tageszeitung ist 2014 ein Designer-Hotel mit 172 Zimmern eingezogen. Neben originellen Co-Working-Spaces und Konferenzräumen gibt es dort auch amüsante Freizeitangebote wie die Fass-Sauna auf dem Hoteldach mit spektakulären Fernblick. Aber Obacht: Das Ablenkungspotenzial ist nicht zu unterschätzen. Das Haus dient auch als Galerie und beherbergt immer wieder Künstler und deren Performances. (Sascha Aumüller 6.4.2019)

Info: Volkshotel Amsterdam