Es scheint, als ob die einzige Frage, die die Medien im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl in der Ukraine interessiert, jene ist, ob Wladimir Selenski für Kremlchef Wladimir Putin ein bequemerer Präsident ist als Petro Poroschenko. Dabei ist diese Debatte zweitrangig und sogar demokratiegefährdend. Das sture Freund-Feind-Denken hat schon in der Vergangenheit zur Unterstützung von Diktaturen geführt, ganz nach dem Motto: "Er ist zwar ein Schweinehund, aber er ist unser Schweinehund."

Die weitaus wichtigere Frage ist daher: Welcher Kandidat in der Stichwahl am 21. April ist der bessere Präsident für die Ukrainer? Die Außenpolitik spielt da nur eine untergeordnete Rolle. Den meisten Menschen im Land wäre es wohl egal, ob die Ukraine Richtung Europäischer oder Eurasischer Union strebt. Für sie ist es wichtig, ihre eigene soziale Lage zu verbessern. Bei Durchschnittslöhnen von 300 Euro im Monat kann ihnen das keiner verdenken.

Daher sollte das wichtigste Kriterium bei der Wahl sein: Wer ist in der Lage, die wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Menschen besser zu lösen und die Korruption zu bekämpfen? Poroschenko hat diesbezüglich nicht das beste Empfehlungsschreiben abgegeben. Zwar hat der Amtsinhaber einige Reformen angestoßen, doch weder die Oligarchie noch die Armut und Korruption im Land sind beseitigt. Selenski ist zwar politisch unerfahren, doch sein Plus ist: Er fokussiert sich auf ebendiese Themen. (André Ballin, 2.4.2019)