Istanbul/Ankara – Angesichts ihrer erwarteten Niederlage bei den Bürgermeisterwahlen in Istanbul und Ankara hat die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdoğan in beiden Städten Einspruch eingelegt. Der AKP-Vorsitzende in Istanbul, Bayram Senocak, machte am Dienstag Unregelmäßigkeiten und Fälschungen bei der Wahl am Sonntag geltend.

Der Oppositionskandidat in Istanbul reiste unterdessen in einer symbolträchtigen Geste zum Mausoleum von Staatsgründer Atatürk, um einen Kranz niederzulegen.

Senocak sagte vor der Presse, seine Partei habe bei der Hohen Wahlkommission YSK Einspruch in allen 39 Bezirken der Bosporus-Metropole eingelegt. Kurz darauf trat auch der AKP-Chef von Ankara, Hakan Han Özcan, vor die Mikrofone, um zu verkünden, dass seine Partei in 25 Bezirken der Hauptstadt die Ergebnisse anfechten werde. In beiden Städten lag die Opposition laut den vorläufigen Ergebnissen in Führung.

Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen hatte der Istanbuler AKP-Kandidat Binali Yildirim am späten Sonntagabend den Sieg für sich reklamiert. Am Montagvormittag erklärte jedoch der Leiter der Wahlkommission, dass der Kandidat der Mitte-links-Partei CHP, Ekrem Imamoglu, mit 25.000 Stimmen in Führung liege. Yildirim gestand später den Vorsprung seines Rivalen ein, betonte aber, dass die Überprüfung noch nicht abgeschlossen sei.

Ungültige Stimmzettel

In Ankara kam der CHP-Kandidat Mansur Yavas auf 50,9 Prozent, während sein Rivale von der Regierungspartei 47,1 Prozent erhielt. Die Parteien hatten bis Dienstagnachmittag Zeit, um bei der Wahlkommission gegen die Ergebnisse Einspruch einzulegen. Die AKP fordert insbesondere eine Überprüfung der Stimmzettel, die bei der Auszählung als ungültig gewertet worden waren. In Istanbul sind das rund 290.000 Stimmen.

"Hätte die andere Partei gewonnen, hätte ich Herrn Binali Yildirim gratuliert", sagte Imamoglu am Dienstag. Dies habe er aber nicht getan, weil er selbst gewonnen habe. Dass die AKP wie nach einem Sieg in der ganzen Stadt Plakate aufgegangen hat, um den Einwohnern ihren Dank auszusprechen, nannte Imamoglu "eine Schande". "Sie verhalten sich wie ein Kind, dem das Spielzeug weggenommen wird", sagte er.

Am Nachmittag legte der CHP-Politiker am Mausoleum von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk in Ankara einen Kranz nieder. Die Geste ist von symbolischer Bedeutung, da Präsident Erdoğan selbst nach Wahlsiegen oft das Grabmal besucht hat.

Ein Verlust der Hauptstadt Ankara und der größten Stadt Istanbul wäre für die AKP ein harter Schlag, nachdem sie und ihre islamisch-konservative Vorgängerpartei die Städte 25 Jahre lang regiert hatte. Die erwartete Niederlage in den beiden größten Städten der Türkei gilt auch als persönlicher Denkzettel für Erdoğan, nachdem er die Abstimmung zu einer Art Referendum über seine eigene Politik gemacht hatte. (APA, 2.4.2019)