Exminister Grasser war laut dem Zeugen Steger gar nicht so nett.

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Wien – Nein, Finanzminister Karl-Heinz Grasser sei gar nicht so nett gewesen, wie vor Gericht mitunter beschrieben, so freundlich "war er nur, wenn er etwas wollte". Diese seine Beschreibung des früheren Finanzministers lieferte am Dienstag Buwog-Zeuge Gerhard Steger. Der Ex-Budgetsektionschef sagte aus, dass Grasser nur Feind oder Freund gekannt habe, "er hat die Leute unter Druck gesetzt, wenn etwas nicht gepasst hat, was sie geliefert haben". Aussagen anderer Zeugen, Grasser sei bei den Mitarbeitern sehr beliebt gewesen, kommentierte der Mann, der seine Schilderungen mit kräftiger Stimme vortrug, so: "Mir kommen die Tränen." Ein Satz, der ihm eine leise Rüge der Richterin eintrug.

Er selbst, ein Sozialdemokrat, wie Steger auf Frage von Grassers Anwalt erklärte ("Das ist ja nichts Unanständiges", da waren sich Norbert Wess und Steger einig) habe sich zunächst gut mit Grasser verstanden. Er habe den Minister sogar einmal zum Schwammerlessen eingeladen, allerdings halte ihm seine Frau das bis heute vor.

Disziplinaranzeige

Als Grasser auf die Seite der ÖVP gewechselt sei, habe sich das Verhältnis der beiden verschlechtert. Je länger Grasser im Amt gewesen sei, "desto öfter wurde er grantig", sagte der Zeuge am 85. Verhandlungstag vor dem Straflandesgericht Wien aus. Und: Gegen ihn, Steger, habe der Minister schlussendlich ein Disziplinarverfahren eingeleitet – allerdings habe "das nichts genützt". Anlass sei die Causa Eurofighter gewesen. Zum diesbezüglichen parlamentarischen Untersuchungsausschuss seien zwei seiner Mitarbeiter vorgeladen worden, die gleichzeitig auch die "speaking notes", also eine Art Spickzettel, für den Minister erstellen sollten. "Damit uns das nicht auf den Kopf fällt", habe er Peter Pilz (damals: Grüne) dazu kontaktiert. Das eben habe Grasser zur Disziplinaranzeige bewogen, erklärte der frühere Budgetsektionschef.

Grasser selbst beschäftigte sich während dessen Aussage mit seinen eigenen Unterlagen, nur kurz schien er genau zuzuhören. Und zwar als Steger schilderte, dass Grasser eine junge, begabte Mitarbeiterin mit befristetem Vertrag aus dem Ministerium ziehen ließ, weil die das Angebot, in sein Kabinett zu kommen, abgelehnt hätte. So weit Stegers "Charakterbild" über Grasser.

Ein Charakterbild malte er auf entsprechende Fragen der Richterin auch zu Michael Ramprecht, der als Zeuge der Anklage gilt und bereits ausgesagt hat. Er belastet Grasser schwer, die beiden haben sich entfremdet. Spätestens, nachdem Ramprecht seinen Vertrag als Chef der Bundesbeschaffungsagentur nicht mehr verlängert bekommen hatte. Ramprecht sei "verblendet" gewesen, habe Grasser "abgöttisch verehrt", schilderte Steger seine Wahrnehmungen. Er selbst habe Ramprecht davor gewarnt, sich dermaßen auf eine Person (Grasser; Anm.) zu verlassen – vergeblich.

Grassers Mission: Kanzler

Was die Buwog-Privatisierung betrifft, die Vergabekommission, in der Steger saß, den Zuschlag: Da konnte sich Steger nur an wenig erinnern. Die Kommission sei entbehrlich gewesen, hatte er, wie berichtet, schon 2012 in den Ermittlungen ausgesagt. Und an dieser Einschätzung hielt er auch vor Richterin Marion Hohenecker und ihrem Senat fest.

Nach Steger war eine frühere stellvertretende Sektionsleiterin als Zeugin dran. Sie sagte dann aus, dass es nicht nur die Maximierung des Verkaufserlöses aus der Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften gegangen sei, "auch das Wer" sei wichtig gewesen. Und sie sprach von einer Mission, die Grasser und sein Kabinettschef Matthias Winker gehabt hätten: Grasser sollte Bundeskanzler einer wirtschaftsliberalen Regierung werden, so die Aussage der Zeugin. (Renate Graber, 2.4.2019)