Er kenne keinen Identitären, sagte der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann im Nationalrat, Walter Rosenkranz, am Dienstagabend in der ZiB 2 zu Armin Wolf. Das kann man ihm glauben oder nicht. Die FPÖ gerät mit den verschiedenen Ausflüchten, die sie dafür bemüht, ihre Verflechtungen mit den Identitären zu leugnen, immer mehr in Bedrängnis.

Dass der Grazer FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl, der selbst seine Vergangenheit in Neonazikreisen zugegeben hat, der Vermieter der Identitären-Zentrale in Graz ist und diesen Mietvertrag nicht kündigt, argumentierte Rosenkranz mit dem österreichischen Mietrecht.

"Gelassene" Vermieter

Rosenkranz sagte sogar, er würde es auch gelassen sehen, wenn Sickl eine Wohnung an einen Salafisten vermieten würde.

Das rechtsextreme und den Identitären nahestehende Medium Info-Direkt in Oberösterreich gehört unter anderem einem Mitarbeiter des Linzer FPÖ-Vizebürgermeisters und Verkehrsreferenten Markus Hein und dem politischen Referenten des stellvertretenden Landeshauptmanns Manfred Haimbuchner, Jan Ackermeier. Ackermeier musste vor neun Jahren seinen Job in einem blauen Parlamentsbüro räumen, nachdem der STANDARD publikgemacht hatte, dass er einen Wandertag mit Rechtsradikalen organisiert haben soll. Ackermeier landete karrieretechnisch weich in Linz.

Auch diese Verflechtung und die Tatsache, dass Info-Direkt laut Verfassungsschutz ausländerfeindliche, tendenziell antisemitische und verschwörungstheoretische Inhalte verbreitete, tat Rosenkranz ab: Diesmal bemühte er in seiner Rechtfertigungsstrategie statt des Mietrechts die "journalistische Freiheit".

In Bedrängnis kommen durch die Spenden des mutmaßlichen Attentäters von Christchurch an Identitäre nicht nur die FPÖ und ihr Koalitionspartner im Bund, sondern auch der SPÖ-Bürgermeister von Linz, Klaus Luger, der mit der FPÖ die Stadt regiert. Er erklärte dieser Tage, er wünsche sich eine klare Distanzierung der FPÖ von den Identitären, sehe aber keine Beweise dafür, dass Identitäre und Mitglieder seiner Stadtregierung zusammenarbeiten würden.

"Einzelfall" Hein

Ganz so kann man das wohl nicht sagen. Erwähnter FPÖ-Vizebürgermeister Hein findet sich auf der Liste der blauen "Einzelfälle", die das Mauthausen-Komitee Österreich (MKÖ) veröffentlicht hat. Hein meldete nämlich den letzten rechtsextremen Kongress "Verteidiger Europas", ein Vernetzungstreffen, an dem sehr viele Identitäre teilnahmen, selbst in den Linzer Redoutensälen an.

Der Kongress wurde von Oktober 2017 auf März 2018 verschoben. 2016 war dort Innenminister Herbert Kickl als Redner aufgetreten, 2018 der Grazer FPÖ-Vizebürgermeister Mario Eustacchio.

Quer durch die FPÖ zieht man sich auch gerne auf die Argumentationslinie zurück, ein Parteifunktionär oder Mandatar sei ja nicht Mitglied der Identitären. Auch dann, wenn die betroffenen Personen mit Identitären auftreten, an ihren Kundgebungen teilnehmen, hinter ihren Infotischen stehen oder ihre T-Shirts tragen.

Mitgliedschaft irrelevant

Doch eine Mitgliedschaft ist weitgehend irrelevant, weil nur wenige Identitäre auch formell Mitglieder sind. Man findet allenfalls einzelne Namen von Führungskadern auf Vereinsregisterauszügen. "Das ist zum Teil ein Netzwerk im virtuellen Raum, nach dem Motto: Keiner ist dabei, und alle machen mit", erklärt der Rechtsextremismusexperte Andreas Peham dem STANDARD.

So können viele, die man öffentlich ausschließlich als Verbindungsmänner oder im Umfeld der Identitären wahrnimmt, tatsächlich sogar recht aktiv in der Identitären Bewegung Österreich sein. (Colette M. Schmidt, 4.4.2019)