Köstinger setzt auf ein Verbot von Einwegplastik. Nicht alle in der ÖVP stehen hinter dem Vorhaben.

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Die heimische ÖVP feierte vergangene Woche gleich zwei politische Erfolge, die sie als eigene betrachtet: Zum einen wurde im Europäischen Parlament die Einwegplastik-Richtlinie beschlossen, die viele Kunststoffprodukte ab 2021 aus Europas Supermärkten verbannen soll. Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) nannte den Beschluss einen "großen Erfolg" für Österreich: "Denn wir haben im Rahmen unserer Ratspräsidentschaft die Trilogverhandlungen zwischen EU-Rat, Parlament und Kommission vorangetrieben und abgeschlossen." Auch den Europaparlament-Beschluss, die CO2-Emissionen bei Neuwagen um 37,5 Prozent zu reduzieren, heftete sich Köstinger an die eigene Fahne: Die Ministerin sieht in der Entscheidung "einen der größten Erfolge der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft".

Andere Meinung in Brüssel

Während die Ergebnisse in Wien gefeiert werden, sind EU-Abgeordnete der Regierungsparteien in Brüssel anderer Meinung: Sie haben teilweise gegen die Parteilinie gestimmt oder sich enthalten. So hat sich der EVP-Abgeordnete Paul Rübig als einziger österreichischer Abgeordneter bei der Abstimmung über das Plastikverbot enthalten. Die Richtlinie wurde letztlich mit 560 Ja-Stimmen, 35 Nein-Stimmen und 28 Enthaltungen angenommen. Rübig sagte zum STANDARD, er sei generell für eine Reduzierung von Plastikmüll: "Doch wäre es besser, die Kreislaufwirtschaft und die Wiederverwertung in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt auf Verbote zu setzen."

Keine Freude am Gesetz

Bei der Abstimmung über CO2-Grenzwerte für Neuwagen enthielt sich die gesamte ENF-Fraktion Österreichs rund um FPÖ-Politiker Harald Vilimsky. Auch Rübig enthielt sich seiner Stimme. Die ÖVP-Abgeordnete Claudia Schmidt stimmte gegen den von Köstinger gefeierten Beschluss. Im Bericht wurde festgelegt, dass die Emissionswerte am Auspuff gemessen werden, sagte Schmidt zum STANDARD: "Das ist meiner Meinung nach nicht richtig." Die Politikerin fordert eine Messung über den gesamten Lebenszyklus eines Autos. "Als Mitglied des Transportausschusses trete ich dafür ein, sich nicht nur einseitig auf Elektromobilität zu verlassen, sondern auch andere nachhaltige Energieformen ins Auge zu fassen."

Rübig, der auch Industrie- und Telekomsprecher der Europäischen Volkspartei ist, vertritt einen ähnlichen Standpunkt. "Bevor man wieder einmal strengere Abgasgrenzwerte einführt, die auf irreführenden Messungen beruhen, hätte man ruhig grundsätzlicher über den Umwelteinfluss von Fahrzeugen mit unterschiedlichen Antriebsarten nachdenken können", kommentierte der ÖVP-Europaabgeordnete die Entscheidung auf seiner Homepage. Die neuen Regeln würden heimische Werke außerdem stark treffen.

Grundsätzliches Problem

"Wir haben mit dem Bericht ein grundsätzliches Problem gehabt", sagte hingegen Carl-Gustav Ströhm, Pressesprecher der FPÖ-Delegation im Europaparlament. Die Abgeordneten würden eine 37,5-prozentige CO2-Reduktion für "zu hoch" und "unrealistisch" halten. Letztlich müssten Verbraucher die Kosten zahlen oder mit allfälligen Fahrverboten rechnen, so Ströhm im Gespräch mit dem STANDARD: "Wir sind vielmehr für Anreizsysteme." Der Beschluss mag für die ÖVP ein Erfolg sein, sagte Ströhm, in der Regierung hätte man einen Kompromiss gefunden. Letztlich habe die ENF auch nicht gegen die Maßnahme gestimmt, sondern sich lediglich der Stimme enthalten. "Wir lassen alle Optionen offen." (Nora Laufer, 4.4.2019)