Der junge Arik Brauer studierte ab 1945 an der Akademie der bildenden Künste Wien.

Foto: Privatbesitz Arik Brauer

Selbstbildnis Arik Brauers von 1963.

Foto: Arik Brauer, Foto Sebastian Gansrigler

Arik Brauer um 1965.

Foto: Brigitte Lüttge-Dauth

"Bekasso Kisso Kasso" (undatiert) von Arik Brauer.

Foto: Privatbesitz Arik Brauer, Foto Sebastian Gansrigler

"Die Muse küsst / wann und wen sie will. / Warte geduldig / bescheiden und still", hat Arik Brauer einst gedichtet. Brauer muss viel geduldig und bescheiden gewartet haben in seinem Leben – oder einen besonders guten Schleichweg zur Holden gefunden haben. Das Maß seiner Inspiration scheint ohnegleichen.

Zum 90. Geburtstag richtet das Jüdische Museum Wien dem Maler und Musiker eine Schau aus. Erzählt wird im Überwältigungsmodus einfach sein ganzes Leben. Angefangen beim "Geburtszettel" des kleinen Erich vom 4. Jänner 1929 und dem Meldezettel seiner Eltern für Wien-Ottakring über Postkarten und Briefe sowie Fotos aus dem Familienarchiv bis zu Keramikskulpturen (Judenfresser heißt eine davon) und Gemälden.

Man sollte Zeit mitbringen. Fast jedes Exponat birgt eine rührende oder poetische Geschichte. Sie tragen immer weiter hinein in die Welt des Gesamtkunstwerkers.

Frosch im Hals

Es ist zu Anfang eine fantasievolle Altwiener Welt, geprägt vom Schrecken des Nationalsozialismus. Leuchtend hängen die kuriosen Figuren dieses Heranwachsens an der Wand: das "Froschermandl", das lebendige Frösche an Schnüren verschluckte und wieder aus seiner Kehle zog, die "tapfere Spinnerin", die im Kinderwagen ihre Meerschweinchen ausführte und gegen die Nazis redete.

Das künstlerische Talent zeigte sich früh. Brauers Handschrift auf manchen Blättern ist noch krakelig, da zeichnet er neunjährig schon perfekt proportionierte, fein schattierte Indianer zu den Geschichten Karl Mays.

Die letzten Kriegsmonate überlebte Brauer versteckt im Schrebergarten der Familie. 1945 wird er mit 16 Jahren Student der Akademie der bildenden Künste. Unter dem Eindruck des in der Gaskammer getöteten Vaters malt er das von Nebelschwaden umwitterte Mann im Gas. Aus privaten und biblischen Mythologien speisen sich bis heute Brauers esoterisch wirkende, leuchtende Werke. Einige gezeigte Großformate hat er extra für die Schau gemalt.

Aus "Erich " wird "Arik"

In den 1950ern geht er erstmals nach Paris und fährt mit dem Fahrrad durch Afrika. 1953 lernt Brauer in Israel seine Frau Naomi kennen. Weil sie seinen Namen "Erich" nicht gut aussprechen kann, nennt er sich fortan Arik. Fast zu schön, um wahr zu sein.

Einiges klingt unglaublich. Ein von der Decke hängendes Schaukelpferd hat Brauer als Tischlerlehrling aus einem Balken des zerstörten Leopoldstädter Tempels gebastelt. Seine Karriere als kritischer Austropopper wabert mit Köpferl im Sand als Soundtrack durch die Räume. Auch Brauers Leidenschaft fürs Bergsteigen und den Naturschutz, dass er nach dem Krieg Balletttänzer war, selbst die Raststätten und Opernkostüme, die er gestaltet hat – alles wird hier gewürdigt.

Ein Rundumpaket als wunderbare Entdeckungsreise. (Michael Wurmitzer, 5.4.2019)