Leopold Figl präsentiert den österreichischen Staatsvertrag in Wien 1955. Das legendäre Bild stammt von Erich Lessing. Das Jüdische Museum in Wien zeigte es 2015 in der von Hannah Lessing kuratierten Ausstellung 'Lessing zeigt Lessing'.

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Eine "rechtsextreme Jugendorganisation mit vielfältigen faschistischen Anklängen in Theorie, Ästhetik, Rhetorik und Stil", das sieht das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) in der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ). Die von der Regierung angekündigte Prüfung der Auflösung der IBÖ beschäftigt weiter die Experten. Wie berichtet ist eine Auflösung nach dem Vereinsrecht nur dann möglich, wenn ein Verein strafbare Handlungen begeht oder klar seinen statutenmäßigen Wirkungskreis überschreitet. "Das wäre so, wie wenn sie als Musikverein Skirennen organisieren", erklärt das Verfassungsjurist Heinz Mayer im Gespräch mit dem STANDARD. Strafrechtlich relevant wäre etwa eine klare Verhetzung, so Mayer.

Verhetzung

Verhetzung war, neben der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und Sachbeschädigung, auch einer der Vorwürfe wegen derer 17 Identitäre im Sommer 2018 in Graz vor dem Richter standen. Sie wurden von diesem Vorwurf jedoch – mittlerweile auch in zweiter Instanz – freigesprochen.

Bleibt das Verbotsgesetz, nach dem nationalsozialistische Organisationen und Einrichtungen aufzulösen sind bzw. deren Neubildung verboten ist. Doch der 2012 gegründete Verein Martin Sellners achtet darauf, formell nicht die Voraussetzungen zu erfüllen, um nationalsozialistisch genannt werden zu können.

Gesetzesänderung

Auch der Historiker Oliver Rathkolb sieht im Gespräch mit dem STANDARD über das Verbotsgesetz derzeit keinen Weg, die IBÖ aufzulösen. Aber man könne sich "die bestehende Judikatur ansehen und eine Gesetzesänderung überlegen". Zuletzt passierte das bei den Symbolen der Ustascha, die in Österreich, seit 2018 unter das Abzeichengesetz fallen.

Rathkolb sieht aber noch eine zweite Chance: den österreichischen Staatsvertrag. "Da gab es 1979 einen Anlassfall, als eine wahlwerbende Gruppe an der ÖH verboten wurde", erinnert sich der Historiker. Die Gruppe hieß Aktion Neue Rechte, und damals erreichten Juristen deren Verbot wegen des Verstoßes gegen die Bestimmungen der Artikel vier und neun des Staatsvertrages, welche "die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreichs" betreffen.

Artikel neun

Im Artikel neun verpflichtete sich Österreich auch, "alle Organisationen faschistischen Charakters aufzulösen, die auf seinem Gebiete bestehen, und zwar sowohl politische, militärische und paramilitärische, als auch alle anderen Organisationen, welche eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind". (Colette M. Schmidt, 4.4.2019)