Die im Bundeskanzleramt eingesetzte Reformgruppe für die Statistik Austria kann einen ersten Punkt auf ihrer To-do-Liste abhaken. Nach Informationen des STANDARD hat das zentrale Aufsichtsgremium der Statistik, der Wirtschaftsrat, bei einer Sitzung am Donnerstag grünes Licht für den internen Umbau der ausgegliederten Anstalt gegeben. Damit folgt er einem Antrag der kaufmännischen Leiterin Gabriela Petrovic, die sich gegen den fachlichen Leiter der Statistik, Konrad Pesendorfer, durchgesetzt hat.

Konkret wird die Presseabteilung des Hauses radikal verkleinert, von derzeit acht auf künftig nur noch zwei Mitarbeiter. Zudem wird die Stabsstelle für Analyse aufgelöst. Diese war für die Kooperation mit externen Wissenschaftern verantwortlich und die erste Anlaufstelle für diese. Außerdem werden 33 Reformprojekte gestoppt.

Diese Maßnahmen wurden von einer im Bundeskanzleramt eingerichteten Reformgruppe vereinbart. Ihr gehören Mitarbeiter der Statistik Austria und des Bundeskanzleramtes an. Die Federführung über das Projekt hat der Generalsekretär im Kanzleramt, Dieter Kandlhofer. Als die Maßnahmen im Februar bekannt wurden, brach ein heftiger innenpolitischer Wirbel los.

Die Reformgruppe

Sowohl die SPÖ als auch die Neos, Jetzt und einige Statistiker werfen dem türkisen Kanzleramt vor, die Statistik Austria mit dem Projekt ein Stück weit enger an sich heranholen zu wollen, Stichwort Message-Control. Durch die Verkleinerung der Presseabteilung werde die Statistik künftig kaum noch als eigener Player in der Öffentlichkeit wahrgenommen, so der Vorwurf.

Das Bundeskanzleramt hat diese Darstellung heftig zurückgewiesen. Es gehe um eine Optimierung und Evaluierung der Organisation 19 Jahre nach ihrer Ausgliederung im Sinn der Kosteneffizienz. Auch die Presseabteilung werde weiter selbstständig arbeiten können.

In das Reformprojekt ist nur ein Leiter der Statistik eingebunden, nämlich Petrovic, während Pesendorfer außen vor gelassen wurde. Wichtigen internen Reorganisationen müssen aber von Gesetzes wegen beide zustimmen. Nachdem Pesendorfer sein Veto eingelegt hatte, machte Petrovic erstmals in der 19-jährigen Geschichte der Statistik von einer Bestimmung im Gesetz Gebrauch, die ihr bei einem nicht lösbaren Konflikt erlaubt, allein zu entscheiden. Das Verhältnis zwischen Pesendorfer und Petrovic ist seit längerem von Animositäten geprägt.

Rund 800 Mitarbeiter hat die Statistik Austria.
Foto: APA

Pesendorfer rief daraufhin, wie berichtet, den Wirtschaftsrat an, der das letzte Wort im Konfliktfall hat. Diesem zwölfköpfigen Gremium gehören vor allem Vertreter verschiedener Ministerien, vom Bundeskanzleramt entsendete Mitglieder und Personalvertreter der Statistik Austria an. Bei der Sitzung des Wirtschaftsrates am Donnerstag wurde per Mehrheitsbeschluss grünes Licht für den Umbau gegeben.

Wirbel um Budget

Die Querelen sind damit aber noch lange nicht vorbei. Zunächst hat die Statistik ein Budgetproblem. Der vorläufige Jahresabschluss 2018 sieht ein negatives Ergebnis von 187.000 Euro vor, auch in den kommenden Jahren drohen Verluste.

Das Bundeskanzleramt hatte in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde weder das Arbeitsprogramm der Statistik für 2019 noch das Budget für das längst begonnene Jahr genehmigt. Argumentiert wurde, dass erst die internen Reorganisationsmaßnahmen auf Schiene sein müssen, weil sie laut Kanzleramt notwendige Einsparungen bringen.

Die Statistik Austria erhält vom Bund für die gesetzlich von ihr wahrzunehmenden Aufgaben jedes Jahr einen Pauschalbetrag, nämlich 50,391 Millionen Euro. Dieser wurde seit dem Jahr 2000 nicht an die Inflation angepasst und mit dem 1. Jänner 2019 um eine Million gekürzt. Türkis-Blau will die Verwaltungskosten senken.

Nach dem Beschluss des Wirtschaftsrates am Donnerstag hat die Statistik nun auch ein Budget. Wie es allerdings gelingen soll, dass die Statistik in den kommenden Jahren trotz Budgetkürzung ausgeglichen bilanziert, ist unklar.

Ringen hinter den Kulissen

Hinter den Kulissen wird wegen des Umbaus auch weiter gerungen. Die Statistik Austria hat nämlich noch ein zweites Aufsichtsgremium, das für fachliche Aufsicht und Qualitätsfragen zuständig ist, den sogenannten Statistikrat. Ihm gehören mehrere Wissenschafter, aber auch Vertreter der Arbeiterkammer, der Nationalbank und der Landwirtschaftskammer an.

Der Statistikrat hat in einem Schreiben an den Wirtschaftsrat dringend um eine Aussprache über anstehende Reformen gebeten und dabei Kritik anklingen lassen. Trotz Verständnisses dafür, dass Reformen notwendig sind, dürfe der "inhaltliche und qualitative Aspekt nicht aus den Augen verloren werden. Themenschwerpunkte, in die bereits umfassende Ressourcen investiert wurden und die innovativ und zukunftsorientiert sind, sollten nicht voreilig fallengelassen werden", heißt es in dem Schreiben.

Mit den nun eingeleiteten Reorganisationsmaßnahmen werden Projekte, die von Konrad Pesendorfer umgesetzt wurden, zurückgenommen. Auch die aktive Rolle der Presseabteilung in der Außenkommunikation geht auf ihn zurück. Pesendorfers Amtszeit endet mit Jahresende. Er wurde einst von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) an die Spitze der Statistik berufen, dass er nicht verlängert wird, gilt als sicher. Auch die Amtszeit von Gabriela Petrovic endet mit Jahresende 2019. Dem Vernehmen nach hofft sie auf eine Verlängerung.

Offen bleibt, welche weiteren Änderungen auf die Statistiker zukommen. Die Reformgruppe im Kanzleramt soll auch eine Reform des Bundesstatistikgesetzes vorbereiten. (András Szigetvari, 5.4.2019)