Russland nutzt GNSS Spoofing offenbar auch, um den Standort von Präsident Wladimir Putin zu verschleiern.

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Ortungssysteme wie GPS sind eigentlich dazu gedacht, die exakte Positionsfeststellung eines Objekts zu ermöglichen – vom Smartphone bis zum Flugzeug. Doch es gibt auch noch andere Einsatzmöglichkeiten, nämlich um gezielt das genaue Gegenteil zu erreichen – also eine Position zu verschleiern.

GNSS Spoofing

In einer aktuellen Untersuchung dokumentiert das US-amerikanische Center for Advanced Defense (C4ADS) rund 10.000 gezielte Manipulationen globaler Navigationssatellitensysteme (GNSS) durch Russland. Mittels GNSS Spoofing werden dabei an Ortungssysteme gezielt falsche Informationen geliefert. Ziel ist dabei nicht nur das bekannte GPS-System, auch andere entsprechende Dienste wie das chinesische Beidou, das europäische Galileo oder Russlands eigenes Glonass werden auf diesem Weg manipuliert.

Der Nachweis gelang den Forschern durch die Beobachtung von oben: Durch die Auswertung von auf der Internationalen Raumstation mit einem Spezialsensor ermittelten Daten konnten insgesamt 9.983 Spoofing-Vorfälle im Zeitraum zwischen Februar 2016 und November 2018 belegt werden. Aus der Korrelation mit politischen Ereignissen zeigt sich dann auch, wofür solche Methoden zum Einsatz kommen. So registrierte C4ADS mehrfach einen direkten Zusammenhang zwischen Bewegungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin und solchen Spoofing-Vorfällen. Als Beispiel verweist man etwa auf einen Besuch der von Russland annektierten Krim durch Putin im Jahre 2018.

Drohnen

Hauptsächlich werde GNSS Spoofing dazu eingesetzt, um die Position von Drohnen in "sensiblem" Luftraum zu verschleiern, schlussfolgert C4ADS aus dem Zahlenmaterial. Dass es hier vor allem um geopolitisch brisante Bereiche geht, zeigt auch die Vorgeschichte: Zum ersten Mal war eine große Spoofing-Attacke im Jahr 2013 dokumentiert worden – nahe einem russischen Hafen im Schwarzen Meer. Damals berichteten rund 20 Schiffe davon, dass ihre Ortungssysteme plötzlich nicht mehr korrekt funktionierten.

Hinweise

Ein Effekt, der in den vergangenen Jahren immer häufiger aufgetreten ist und hinter dem schon länger entsprechende Attacken vermutet wurden. Insgesamt 1.311 Schiffe haben in den vergangenen Jahren beim durchqueren russischer Gewässer davon berichtet, dass sie plötzlich von ihren Systemen falsche Positionen geliefert bekamen. Das wäre mit GNSS Spoofing auch gut zu erklären: Vereinfacht gesagt wird dabei ein falsches Ortungssignal erzeugt, das die von den jeweiligen Satelliten gelieferten Informationen durch einen starken Sender überlagert. Dies hat dann natürlich Auswirkungen auf sämtliche Navigationssysteme im Umfeld. Dass es dabei bisher zu keinen gröberen Unfällen gekommen ist, liegt vor allem daran, dass sich Schiffe auch bis heute nicht exklusiv auf solche Daten zur Navigation verlassen.

Ein älteres Video erklärt das Prinzip hinter GNSS Spoofing.
CockrellSchool

Die Forscher befürchten, dass solche Attacken in Zukunft immer häufiger zum Einsatz kommen könnten. Über die Jahre zeige sich jedenfalls eine kontinuierliche Zunahme solcher Vorfälle. Aus dem Datenmaterial lasse sich zudem schließen, dass Russland solche Systeme mittlerweile fix an Grenzen mit Nato-Ländern im Einsatz hat und diese auch in den Konflikten mit der Ukraine und in Syrien verwendet hat. Verschärfend kommt hinzu, dass das für GNSS Spoofing notwendige Equipment mittlerweile für unter 300 US-Dollar zu haben sei, was es auch für nichtstaatliche Akteure immer leichter mache, Ortungssysteme zu manipulieren. (red, 5.4.2019)