Bild nicht mehr verfügbar.

Wer sich angestrengt auf eine Aufgabe konzentriert und trotzdem scheitert, könnte im neuen Buch des Produktivitätsexperten hilfreiche Tricks finden.

Foto: getty images

"Geistlose Aufgaben bieten uns ein unmittelbares Feedback und das Gefühl, wir hätten etwas geleistet", schreibt Bailey.

Foto: CHRIS ROUSSAKIS

Total viel gearbeitet, dabei aber kaum etwas erledigt: So beschreibt Chris Bailey das Gefühl, das er lange Zeit hatte, als er abends nach Hause kam. Der Kanadier ist Produktivitätsforscher. Er führt Experimente durch und schreibt darüber, er hält Vorträge und verfasst Bücher. Dabei fiel ihm seine eigene Ablenkbarkeit auf. "Ich versuchte, so viel wie nur irgendwie möglich in jeden Augenblick hineinzupacken." Er arbeitete "mit geöffnetem E-Mail-Programm und Smartphone neben mir". Wirklich viel sei nicht weitergegangen, trotzdem fühlte er sich nach der Arbeit ausgelaugt.

Das müsse sich dringend ändern, entschied Bailey und durchforstete einschlägige Studien der vergangenen Jahre. Seine Erkenntnisse veröffentlichte er nun als eine Art wissenschaftlicher Ratgeber. Sich konzentriert einer Sache zu widmen sei lernbar, schreibt er und gibt eine Anleitung. Viele der Strategien sind bekannt, beispielsweise hat sie der Informatikprofessor Cal Newport in "Deep Work" beschrieben. Dennoch schadet es nicht, sie sich wieder in Erinnerung zu rufen.

Willkommene Ablenkung

Die ersten Seiten des Buches widmet Bailey der Ursache allen Übels: den Ablenkungen. Die Klassiker sind störende Kollegen, Anrufe, eingehende E-Mails. Jedoch kommen längst nicht alle Ablenkungen von außen. Wir lenken uns auch selbst ab. Einerseits mit unnötigen Aufgaben, wie zum fünften Mal E-Mails zu checken. "Sie geben uns das Gefühl, wir hätten etwas geleistet." Andererseits, indem wir darüber nachgrübeln, warum die Empfangsdame nicht gegrüßt hat oder was wir zum Abendessen kochen. Alles andere als ideal, schreibt der Produktivitätsexperte: "Das ist eine enorme Verschwendung von Zeit und Aufmerksamkeit."

Auch das Smartphone ist eine echte Fundgrube an Ablenkungen. Es biete "einen endlosen Strom an portionierten Infomationshäppchen, die unser Gehirn bequem konsumieren kann". Jede Whatsapp-Nachricht, jeder Like belohnen das Gehirn mit Dopamin, und zwar ganz unmittelbar. Das ist verlockend, hat aber Folgen: Versucht man sich nämlich wieder auf seine eigentliche Aufgabe zu konzentrieren, gelingt das nur schwer. Im Schnitt dauert es 25 Minuten, bis man geistig wieder voll und ganz dort anknüpfen kann, wo man aufgehört hat. Auch das Endergebnis ist nachweislich schlechter.

Wenn Kollegen stören

Bailey hat eine Gegenstrategie entwickelt und sie "Hyperfocus" genannt. Sie soll dazu dienen, die volle Aufmerksamkeit auf die wirklich wichtigen Dinge zu lenken. Den anstrebenswerten Zustand kennen viele vielleicht aus eigener Erfahrung, emsig und hoch konzentriert an einem spannenden Projekt gearbeitet zu haben.

Schritt eins: Alle äußeren Ablenkungen bestmöglich entfernen. Das Smartphone auf Flugmodus stellen, den E-Mail-Eingang schließen. Es gibt auch Apps, um Ablenkungen zu blockieren, Beispiele sind "Freedom" oder "Rescue Time". Ratsam sei dann, eine Zeit festzulegen, wie lang man sich konzentrieren will, und sich auch einen Wecker zu stellen.

Wenn Kollegen stören: "Halten Sie sich Ihre eigentlichen Vorhaben vor Augen und kehren Sie so schnell wie möglich zurück." Das gelte auch für willkommene Ablenkungen wie beispielsweise Whatsapp-Nachrichten.

Eine Liste für Gedanken

Verpflichtungen und Ideen, die einem währenddessen in den Kopf schießen, sollte man sich auf einer Liste notieren, um sich später damit zu beschäftigen. Wenn die Aufmerksamkeit abschweift, solle man sie bewusst wieder zurück auf sein Vorhaben lenken. Durch Meditation sei es möglich, seine Aufmerksamkeit zu trainieren. "Wer sich auf den eigenen Atem konzentrieren kann, kann sich auf alles konzentrieren", erklärt Bailey.

Ebenso wichtig wie die Hyperfokussierung sei der sogenannte "Streufokus": den Gedanken bewusst freien Lauf lassen, aber beobachten, wohin sie wandern. So kämen einem die besten Ideen. (Buchbesprechung: Lisa Breit, 8.4.2019)