Tochter Gina (Alice Peterhans führt die Puppe) und Mutter Djana (Alexandra Sommerfeld).

Foto: Bettina Frenzel

Ein großer, lächelnder Luftballonkopf dient der Darstellung des Mädchens Gina. Mit quietschiger Stimme muss die Arme immer wieder mit ihrer von der Vergangenheit besessenen Mutter den Weggang des Vaters vor vielen Jahren durchkauen. Warum Männer, die einen mögen, "Fisch" zu einem sagen, kommt Gina dabei seltsam vor. Der Kosename klingt für sie nicht zärtlich. Das sei eben so, fährt die Mutter ihr über den Mund.

Sprengkörperballade heißt das Stück im Wiener Kosmos Theater. Die österreichische Autorin Magdalena Schrefel hätte es allerdings auch Schwellkörperballade nennen können. Eine unschöne Episode reiht sich an die nächste: Der Vater masturbiert am Klo, statt zur Frau ins Bett zu gehen, der Chef bedrängt eine Kollegin auf der Firmenfeier, ein Mann spielt in der U-Bahn an sich herum, und ein Typ im Club fummelt mit einem Mädchen und bittet es währenddessen, ihrer Freundin zu bestellen, er möchte mit dieser gehen. Wenn Ginas ältere Schwester durch die Straßen zieht und Männer um Geld anschnorrt, erhält sie stattdessen anzügliche Angebote.

Es geht also um Männer und deren meist erigierte Penisse. Der Titel Sprengkörperballade macht aber auch Sinn. Ob der schlechten Behandlung durch das andere Geschlecht sind die Frauenfiguren auf der Bühne bis zum Bersten geladen: mit Wut, Schmerz und der Sehnsucht nach Geborgenheit.

Schwertkampf zu "Schwanensee"

Die drei Darstellerinnen Alexandra Sommerfeld, Veronika Glatzner und Alice Peterhans dürfen sich derart überfordert durch eine hysterisch heitere Inszenierung von Claudia Bossard spielen. Es gibt Pelzmäntel, Kunstnebel und ein riesiges Plakat mit aufgedrucktem blauem Himmel. Zwischendurch wird der Boden weggerollt und tobt ein Schwertkampf zu Klängen aus Schwanensee.

Die stillste Szene bildet ein Valie-Export-Zitat: Dann steht Peterhans mit einem Karton im Stil des feministischen Tapp- und Tastkinos der Künstlerin vorm nackten Oberkörper vor dem Publikum. Extrem gezeichnete Figuren und wilde Regieideen machen den abwechslungsreichen Abend trotz der thematisch schweren Kost durchaus vergnüglich. Nicht zuletzt ist das seinem bravourös spielfreudigen Damenensemble geschuldet. (wurm, 5.4.2019)