London – Die britische Premierministerin Theresa May peilt bei ihren Brexit-Gesprächen mit der oppositionellen Labour-Partei einen schnellen Kompromiss an. "Je länger es dauere, eine Lösung zu finden, desto größer sei das Risiko, dass Großbritannien die Europäische Union (EU) überhaupt nicht mehr verlasse", warnte die Regierungschefin am Samstag.

Ihre konservative Tory-Partei stimme mit Labour in einigen Punkten überein. Beide wollten zum Beispiel Arbeitsplätze erhalten und mit einem guten Abkommen aus der EU ausscheiden. Dies sei die Basis für einen Kompromiss, der eine Mehrheit im Parlament erzielen könnte. Diese Mehrheit zu bekommen, sei auch der einzige Weg, den Brexit durchzuboxen.

Austrittsvertrag drei Mal abgelehnt

Das Unterhaus in London hat den von May mit der EU vereinbarten Austrittsvertrag bereits drei Mal abgelehnt. Auch alternative Vorgehensweisen wie etwa ein zweites Referendum oder ein Verbleib Großbritanniens in der Zollunion lehnten die Abgeordneten mehrheitlich ab. Andererseits hat das Parlament mit deutlicher Mehrheit beschlossen, dass es keinen Austritt ohne ein Abkommen geben soll.

Am Mittwoch will May bei einem EU-Sondergipfel um eine Verlängerung der Austrittsfrist bis zum 30. Juni bitten. Die EU hat bereits klar gemacht, dass sie dafür einen Plan vorlegen muss, wie es weitergehen soll. Bisher ist der Austritt für den 12. April geplant. Ohne weiteren Aufschub oder Annahme des Austrittsvertrages droht dann ein Ausscheiden ohne Abkommen mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.

Tory-Hardliner fürchten Zugeständnisse an Labour

Bewegung in die festgefahrene Lage in London kam nun durch Mays Vorstoß, gemeinsam mit der Labour-Partei nach einer Lösung zu suchen. Damit hat die konservative Premierministerin zwar Teile ihrer Tory-Partei brüskiert. Einer Einigung mit Corbyn wird aber gute Chancen eingeräumt, im Unterhaus eine Mehrheit zu bekommen. Allerdings waren bisher keine Fortschritte bekannt.

Doch Brexit-Hardliner in Mays Konservativer Partei streiten die negativen Konsequenzen eines "No-Deal-Brexits" ab. Sie befürchten, May könne den Forderungen der Labour Party nach einer engeren Anbindung an die EU nach dem Brexit nachgeben oder sogar ein zweites Referendum über den Ausstieg aus der Europäischen Union zulassen. Der einflussreiche konservative Abgeordnete Jacob Rees-Mogg warnte in einem Interview des TV-Senders Sky News am Sonntag, May habe "aktive Entscheidungen getroffen, um unseren Austritt aufzuhalten". (APA/Reuters, 7.4.2019)