Wie viele Euros den Steuerzahlern von ihrem Arbeitseinkommen am Jahresende übrig bleiben, darüber gibt es in der Regierung noch ein heftiges Tauziehen.

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Wien Der auf Schattenwirtschaft, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität spezialisierte Ökonomieprofessor Friedrich Schneider von der Uni Linz stellt das Gerüst der Regierung für die Steuerreform auf den Kopf. Er hat errechnet, dass die von ÖVP und FPÖ angestrebte Absenkung der unteren Steuerstufen insbesondere Spitzenverdiener entlasten würde, um bis zu 1580 Euro pro Jahr. Sollte es tatsächlich darum gehen, gezielt kleine Einkommen zu entlasten, sollte die Politik besser in Richtung eines "Steuerzahlerbonus" gehen, also eines Absetzbetrages nach Vorbild des Familienbonus, der nach oben abschmilzt, rät Schneider.

Das selbsterklärte Ziel der Regierung, kleine und mittlere Einkommen zu entlasten, hält Schneider mit einem Absetzbetrag für eher realisierbar. Er nennt es "Steuerzahlerbonus". Dabei würden Einkommen bis 31.000 Euro pro Jahr um 750 Euro gemindert. Ab 35.000 Euro Jahreseinkommen würde der Absetzbetrag von 681 Euro schrittweise abgesenkt bis auf ein Minimum von 250 Euro in der höchsten Steuerklasse.

Die Abweichung vom Familienbonus besteht darin, dass Schneider die 750 Euro pro Jahr auch an Geringverdiener, die wenig oder gar keine Lohnsteuer zahlen, auszahlen würde.

Für 2020 haben ÖVP und FPÖ eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, eine höhere Werbungskostenpauschale und erleichterte Steuerpauschalierungen für Unternehmer angekündigt. Welche Änderungen die Steuerreform darüber hinaus bringt, will die Regierung noch im April bekanntgeben. Denn noch in diesem Monat muss das Stabilitätsprogramm samt Budgetvorschau nach Brüssel geschickt werden. Da Budgetprognose und Steuerreform in Wechselwirkung stehen, werde beides im Paket behandelt – ob bereits am Mittwoch dieser Woche im Ministerrat, stehe noch nicht fest, hieß es am Sonntag,

Ein Vorschlag

Ob Finanzminister Hartwig Lögers (ÖVP) Experten im Ministerium Schneiders Steuerzahlerbonus von 750 Euro in Erwägung ziehen und ernsthaft prüfen werden, blieb offen. Das sei ein Vorschlag, nicht mehr, sagte ein Sprecher

Details der Entlastung in Etappen ab 2020 sind noch offen. Angekündigt hat die Regierung bis dato nur, die unteren Lohn- und Einkommenssteuersätze senken zu wollen, dem Vernehmen nach von derzeit 25, 35 und 42 Prozent auf 20 Prozent (Jahreseinkommen von 11.000 bis 18.000 Euro), 30 Prozent (bis 31.000 Euro) und 40 Prozent (bis 60.000 Euro). Dadurch würden freilich Besserverdiener deutlich stärker entlastet als Geringverdiener, weil die Senkung der unteren Sätze auch ihnen zugutekommt.

Entlastung trotz Reichensteuer

Selbst bei Beibehaltung des 2016 befristet auf 55 Prozent erhöhten Spitzensteuersatzes würden die oberen Einkommensklassen stärker entlastet, rechnen Schneider und sein Kollege Peter Laukoter unter Verweis auf die Progressionsstufen vor.

Ökonomieprofessor Friedrich Schneider von der Linzer Johannes Kepler Universität mit einem Vorschlag zur Gerechtigkeit
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Bei einer Senkung der unteren drei Lohnsteuerstufen würden einem Arbeitnehmer mit einem Jahresbruttoeinkommen von 18.000 Euro netto 350 Euro mehr im Börsel bleiben. Ein Jahresbrutto von 60.000 Euro würde gar um 1580 Euro entlastet. "Je größer das Einkommen, umso größer die Entlastung", warnt Schneider. Das sei ein Widerspruch, denn gerade die unteren Einkommensschichten bräuchten eine Steuersenkung "am dringendsten". (APA, ung, 8.4.2019)