Melioidose ist eine in Europa weitgehend unbekannte Infektionskrankheit. Allerdings tötet sie rund die Hälfte jener Menschen, die daran erkranken. Grazer Experten halten die meist in den Tropen und Subtropen und zunehmend in Afrika auftretende Krankheit für zu wenig beachtet. Sie haben daher Tests zum Nachweis der Antikörper entwickelt und einen Workshop in Nigeria organisiert, heißt es von der Med-Uni Graz.

Auch mehr als 100 Jahre nach der Entdeckung des verursachenden Bakteriums Burkholderia pseudomallei ist die weltweite Verbreitung dieses Erregers und der dazugehörenden Erkrankung immer noch unklar: "Aktuelle Modellrechnungen sagen voraus, dass weltweit jährlich 165.000 Menschen an Melioidose erkranken, von denen 89.000 versterben", so Ivo Steinmetz vom Hygiene-Institut am Diagnostik- und Forschungszentrum für Molekulare BioMedizin an der Med-Uni Graz. Die Zahl der Todesfälle liegt damit in etwa in der gleichen Größenordnung wie bei Masern.

In Europa ist es jedoch eine selten importierte Erkrankung, auch in Afrika wurde sie bisher nur selten diagnostiziert. Sie liegt deswegen auch dort nahezu unter der Schwelle der Wahrnehmung – auch wenn sie auf dem Kontinent auf dem Vormarsch sein dürfte. Aufgrund der sich verändernden Umweltbedingungen wird sie in mehr als 20 afrikanischen Ländern prognostiziert, sagt Steinmetz. "Wenn jedoch Mediziner nicht entsprechend geschult und die nötigen diagnostischen Methoden nicht etabliert sind, könnten Situationen mit einer erheblichem Anzahl von Betroffenen und signifikanten wirtschaftlichen Einbußen unerkannt bleiben", so die Befürchtung.

Lange Behandlung

Der vor allem an Schmutzwasser und Erde gebundene Erreger wird über Hautläsionen, wohl aber auch durch Inhalation oder über kontaminiertes Trinkwasser aufgenommen. Das Bakterium hat ein besonderes Resistenzspektrum und muss daher komplex antibiotisch und lange behandelt werden. Das Team um Steinmetz hat in den vergangenen Jahren an der Med-Uni Graz neue Tests für den Nachweis von Antikörpern gegen den Erreger entwickelt. Die extrem variable Symptomatik reicht von Fieber, Hautinfektionen und Abszessen bis zur Lungenentzündung und schwerer Sepsis. Eine Diagnostik im Labor sei unverzichtbar, so Steinmetz.

In Lagos (Nigeria) hat Steinmetz gemeinsam mit Kollegen des Amsterdam Medical Centre, des Lagos University Teaching Hospital und der Weltgesundheitsorganisation WHO einen ersten "African Melioidosis Workshop" organisiert, zu dem auch Mediziner aus Äthiopien und dem Kongo eingeladen waren. "Die Ärzte dort arbeiten vor allem nach westlichen Lehrbüchern, in denen die Erkrankung keine Rolle spielt", begründet Steinmetz die Initiative.

Nun sollen gemeinsame Forschungsprojekte folgen: So sollen gezielt Proben von Blutspendern aus unterschiedlichen Regionen in Nigeria und weiteren afrikanischen Regionen getestet werden. "Wir versuchen, auf diesem Wege erste Hinweise auf mögliche 'Hotspots' für Infektionen zu erhalten", schildert der Mikrobiologe. Durch Entwicklung neuer molekularer Methoden wollen die Forscher die Verbreitung der Erregers in der Umwelt präziser erfassen und Umweltfaktoren ausmachen, die die Anwesenheit von Burkholderia pseudomallei beeinflussen. Daneben sei das Bakterium für das Grazer Team auch ein wichtiger Modellorganismus für Grundlagenforschung im Bereich der Infektionsimmunologie und Wirt-Pathogen-Interaktion. (APA, 9.4.2019)