Wurst, Speck, Tomaten, Käse: Österreich bietet viel Genuss, bei der Bewerbung der Produkte verpufft aber mitunter viel Geld.

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Alles Gute geht durch den Magen, besagt ein Sprichwort. Manchmal geschieht zu viel des Guten, speziell wenn es um den Einsatz öffentlicher Mittel zur Bewerbung regionaler Spezialitäten geht. Noch unter Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) wurde deshalb die Idee geboren, eine "Netzwerkstelle Kulinarik" zu schaffen. Die sollte Förderungswildwuchs bei Projekten unterbinden, die mitunter miteinander konkurrierten.

Ein Rechnungshofbericht aus dem Vorjahr hat nun auf dieses Projekt selbst einen Schatten geworfen. Kritisiert werden unklare Geldflüsse und personelle Verstrickungen. Eine parlamentarische Anfragebeantwortung durch die nunmehr für Landwirtschaft zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat wenig Licht in die Sache gebracht. Dieser Auffassung ist Wolfgang Zinggl von der Liste Jetzt, der Köstinger mit einer Latte an Fragen eingedeckt hat.

Verschleierungsversuche

"Je genauer wir die Aktivitäten der AMA Marketing GmbH überprüfen, umso fragwürdiger werden die Vorgänge um dieses Projekt 'Netzwerkstelle Kulinarik'. Umso deutlicher wird, wie recht der Rechnungshof mit seiner Kritik hatte, umso deutlicher werden die Verdeckungs- und Verschleierungsversuche des Ministeriums", sagte Zinggl, der auch Rechnungshofsprecher der Liste Jetzt ist, dem STANDARD. "Wir werden nicht lockerlassen, um herauszufinden, wer hier Gelder vergeben, bezogen oder möglicherweise missbräuchlich verwendet hat."

Die Vorgeschichte zum besseren Verständnis reicht fast 16 Jahre zurück. Es war 2003, als der damalige Landwirtschaftsminister und spätere ÖVP-Chef, Vizekanzler Josef Pröll, vom "Feinkostladen Europas" sprach, zu dem Österreich werden sollte. Damals reifte die Erkenntnis, dass auf Berghütten neben Erbsensuppe und Dosengulasch noch andere Gaumenfreuden angeboten werden müssten, damit Gäste wiederkommen. Und dass generell in der Gastronomie, auf Märkten und im Handel verstärkt regionale Produkte gegen Käse aus Frankreich, Wein aus Italien oder Gemüse aus Spanien antreten sollten.

Geld versandet

Weil dann aber von glücklichen Kärntner Hühnern über Tiroler Speck bis zu Bergkäse aus Vorarlberg (fast) alle regional-kulinarischen Errungenschaften des Landes separat und ohne Gesamtplan beworben wurden, verpuffte und verpufft noch immer viel Geld. Deshalb kam unter Köstingers Vorgänger Rupprechter die Idee auf, alle diesbezüglichen Initiativen zu bündeln und besser aufeinander abzustimmen – in der "Netzwerkstelle Kulinarik" eben.

Dafür wollte das Landwirtschaftsministerium auch EU-Förderungen abrufen. Weil es sich diese aber nicht selbst genehmigen durfte, ging man einen Umweg. Die Mittel wurden von der – dem Ministerium weisungsgebundenen – Agrarmarkt Austria (AMA) verteilt. Die Marketingorganisation gab erwartungsgemäß grünes Licht, mit dem zugesagten Fördergeld aus Brüssel und zusätzlichen Bundesmitteln erteilte das Ministerium sodann den Auftrag, um 10,5 Millionen Euro das "Netzwerk Kulinarik" zu schaffen. Der Auftrag ging an zwei Firmen: Fairify, die kurz darauf in Fair und Gut GmbH umgetauft wurde, sowie AMA Marketing, Tochter der Agrarmarkt Austria.

Rechnungshof involviert

Als Vorschuss erhielten die Auftragnehmer 1,68 Millionen Euro. Die Fair und Gut GmbH, hinter der Biopionier Werner Lampert steht, zog sich nach rund einem Jahr mitten in der Rechnungshofprüfung zurück. Die Firma wurde inzwischen liquidiert. Die Rechnungsprüfer konnten weder eine Gesamtstrategie ausfindig machen noch ein Arbeitsprogramm erkennen. Auch eine Jahresendabrechnung gab es nicht.

Wohin sind die knapp 1,7 Millionen Euro geflossen? "Das im Jahr 2016 ausbezahlte Geld wurde den Jahresarbeitsprogrammzielen entsprechend verwendet", steht in der Anfragebeantwortung von Köstinger. Da der Strategieprozess 2016 nicht abgeschlossen wurde, sei "eine Fortführung im Jahr 2017 erforderlich" gewesen.

Projektabschluss naht

Als Kosten für die Strategieentwicklung wird ein Bruchteil der als Vorschuss gezahlten 1,68 Millionen Euro genannt. "Für die Jahre 2016 und 2017 fielen für das Arbeitspaket Strategieentwicklung Personal- und Sachkosten in Höhe von 154.732,16 Euro inklusive Umsatzsteuer an." Und 2018?

"2018 findet sich kein Budgetposten für die Strategieentwicklung", heißt es in der Anfragebeantwortung. Mit einem Abschluss des Strategieprozesses sei "im ersten Halbjahr 2019" zu rechnen, die neue Gesamtstrategie werde noch heuer der Öffentlichkeit präsentiert.

Warum sich Fairify bzw. Fair und Gut aus dem Projekt zurückgezogen hat, das seit Frühjahr 2018 von der AMA Marketing allein verantwortet wird, weiß Köstinger nicht: "Die Gründe für den Ausstieg wurden dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus nicht mitgeteilt." (Günther Strobl, 9.4.2019)