Das Projekt "Heumarkt neu" sieht unter anderem einen 66 Meter hohen Wohnturm in der Wiener Unesco-Welterbezone vor. Das Hotel Intercontinental soll abgerissen und etwas höher neu errichtet werden.

Entwurf: Isay Weinfeld und Sebastian Murr, Rendering: nightnurse images

Wien – Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat der Beschwerde von Gegnern des Heumarkt-Projekts stattgegeben, wonach für das umstrittene Bauvorhaben samt 66-Meter-Turm in der Wiener Unesco-Welterbezone eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Der 31 Seiten lange Urteilsspruch liegt dem STANDARD vor.

Demnach ist "für das Vorhaben 'Hotel Intercontinental', 'WEV' und 'Heumarktgebäude' im 3. Wiener Gemeindebezirk eine Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren nach dem UVP-G 2000 durchzuführen". Eine Revision gegen den Entscheid ist zulässig.

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Das Projekt von Michael Tojners Wertinvest werde laut BVwG den "Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet 'Unesco-Welterbestätte Historisches Zentrum von Wien' festgelegt wurde, erheblich beeinträchtigen". Außerdem würde das Vorhaben "aufgrund seiner Masse und Bauhöhe eine wesentliche Störung der historischen Skyline, die von der Unesco als grundlegend für den außergewöhnlichen Wert genannt wurde, bewirken, wobei dies auch zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Authentizität und Integrität der Welterbestätte führt und damit den Ernennungskriterien für deren Ernennung widerspricht".

Das Urteil des BVwG, das im Rahmen einer Einzelfallprüfung eine UVP-Pflicht festgestellt hat, bedeutet auch, dass sich das Projekt um Jahre verzögern wird. Zuletzt ging Wertinvest von einem Baubeginn im Jahr 2021 aus. Dieser Termin ist mit den aktuellen Entwicklungen sicher nicht zu halten. Auch mit weiteren Mehrkosten für den Projektwerber ist zu rechnen.

Tojner will Höchstgerichte anrufen

Denn Heumarkt-Investor Tojner war bisher davon ausgegangen, dass er keine UVP für die Neugestaltung des Areals braucht. Die Wiener Landesregierung als zuständige erstinstanzliche Behörde bestätigte diese Rechtsmeinung im Vorjahr. Die Gegner des Projekts, darunter die Umweltorganisation Alliance For Nature, legten dagegen allerdings bei der nächsten Instanz – dem BVwG – Beschwerde ein und erhielten nun recht.

Tojner beziehungsweise seine Wertinvest hatten für diesen Fall bereits während des Verfahrens angekündigt, die Höchstgerichte – konkret den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof – mit der Causa befassen zu wollen.

Am Dienstag griff Wertinvest-Geschäftsführerin Daniela Enzi das BVwG an: "Der zuständige Richter hat ein rechtswidriges Verfahren durchgeführt." Dies würden zwei von Wertinvest beauftragte Rechtsgutachten "auf klare und unmissverständliche Weise" untermauern. Konkret gebe es etwa keine gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einzelfall-Prüfung des Projekts vor dem BVwG.

Enzi: "Wir streben eine Aufhebung des nunmehr vorliegenden Erkenntnisses seitens der Höchstgerichte an, um dieses dringend notwendige und architektonisch hochwertige Projekt realisieren zu können." Sie erinnerte auch daran, dass es einen gültigen Bebauungsplan sowie einen städtebaulichen Vertrag mit der Stadt Wien und einen Rechtsanspruch auf Umsetzung gebe.

Wien auf Roter Liste der Unesco

Die Unesco hat seit dem Jahr 2012, als erstmals ein mögliches Hochhaus auf dem Heumarkt-Areal diskutiert wurde, die Pläne kritisiert. Gefordert wurde eine maximale Bebauungshöhe von 43 Metern – also der aktuellen Bestandshöhe des Hotel Intercontinental. Das 2014 von der Stadt Wien und den Investoren präsentierte Siegerprojekt sah dennoch einen 72 Meter hohen Turm vor, der später auf 66 Meter reduziert wurde. Die Unesco setzte Wien aufgrund der Pläne 2017 auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten.

Kulturminister Blümel begrüßt Gerichtsurteil

Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) begrüßte das BVwG-Urteil. "Damit muss das Bauverfahren jetzt gestoppt und eingestellt werden", sagte er. "Alle Projektbeteiligten sind gefordert, diesen Stopp dafür zu nutzen, das Bauvorhaben so zu überarbeiten, dass es den Anforderungen der Unesco gerecht wird und der Erhalt des Weltkulturerbes gesichert wird." Die türkis-blaue Bundesregierung halte sich weiterhin alle rechtlichen Möglichkeiten offen, die "von einer Weisung bis zur Verfassungsklage" reichen. (Renate Graber, David Krutzler, 9.4.2019)