Diet Prada wird versteigert! Die Nachricht verbreitete sich vor einigen Wochen wie ein Lauffeuer. Die beiden amerikanischen Designer Tony Liu und Lindsey Schuyler, die kritischen Köpfe hinter dem 1,2 Millionen Follower schweren Instagram-Account, kündigten an, ihren Kanal auf Ebay zu versteigern. Die Fans: fassungslos. Schnell sickerte durch: ein Aprilscherz.

Die zahlreichen Reaktionen auf den Gag von Liu und Schuyler führten vor, dass der Account fixer Bestandteil der Modeindustrie ist. Seit 2014 treten die (damals noch unbekannten, namenlosen) Macher von Diet Prada Designern und Modehäusern auf die Zehen. Als selbsternannte Modepolizei prangern sie seither geklaute Ideen an.

Der Instagram-Account Diet Prada deckt den Ideenklau von Designern und Unternehmen auf. Im Bild: eine Backstage-Situation vor einer Show.
Foto: apa/afp/archambault

Ihr Stil? Plakativ und laut. Die Kritik bereiten Liu und Schuyler mundgerecht für die Generation Instagram in Form von Bildvergleichen auf. Das sieht dann auf dem Kanal so aus: links ein rosafarbenes Mascherlkleid von Valentino aus der Frühjahrskollektion 2018, rechts eine verblüffend ähnliche Robe in Blau, entworfen von dem Designer Christian Siriano für die Herbstkollektion 2019.

Ein typisches Posting des Instagram-Accounts Diet Prada.

Es blieb nicht beim Aufdecken von frechem Ideenklau. Diet Prada prangerte Rassismen in der Modeindustrie an – oft mithilfe aufmerksamer Follower. Die wohl folgenschwerste Veröffentlichung: ihre Kritik an der Werbekampagne von Dolce & Gabbana, die im Herbst 2018 mit plumpen Stereotypisierungen den chinesischen Markt erobern wollte.

Was folgte, war ein gewaltiger Social-Media-Shitstorm internationalen Ausmaßes. Das italienische Unternehmen musste reagieren und sagte eine lang geplante Mega-Show in Schanghai ab.

Erfrischend

So etwas hatte es zuvor noch nicht gegeben: In einer Branche, in der Kritik nie einen festen Platz und Wert besaß, wirkte der Instagram-Kanal vor allem in den Anfängen erfrischend. 2017 wurden die großen Unbekannten hinter Diet Prada von der Website The Fashion Law als Tony Liu und Lindsey Schuyler, zwei in New York lebende Anfangdreißiger, geoutet.

Diet Prada kommentieren natürlich auch Kim Kardashians neue Unterwäschemarke "Kimono".

Und es folgte der Ruhm: Ein Jahr später porträtierte das Branchenportal Business of Fashion die beiden. Spätestens seither ist klar: Diet Prada ist selbst zu einem Bestandteil der Modeindustrie geworden. Liu und Schuyler, die von Diet Prada leben, betreiben eigenes Merchandising, im Februar sind sie erstmals mit dem Onlineshop Matchesfashion eine Kooperation eingegangen.

Kein Wunder, dass kritische Stimmen laut werden: Warum urteilt Diet Prada bei gewissen Marken strenger als bei anderen? Und wie viel wird mit Diet Prada eigentlich verdient? Julie Zerbo, die Modeanwältin hinter der Website The Fashion Law, fragt: "Wer passt auf den Wachhund auf?" Diese Frage dürfte bald öfter gestellt werden. (Anne Feldkamp, RONDO, 2019)