Abdelkader Bensalah folgt Abdelaziz Bouteflika als algerisches Staatsoberhaupt. Seine Amtszeit ist allerdings auf maximal 90 Tage beschränkt.

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Es ist offiziell. Abdelkader Bensalah ist neuer Präsident Algeriens und übernimmt damit für maximal 90 Tage interimsmäßig die Amtsgeschäfte des am 2. April vorzeitig zurückgetretenen Abdelaziz Bouteflika. Damit muss der seit 2002 dem Oberhaus des algerischen Parlaments vorsitzende Bensalah bis Anfang Juli Präsidentschaftswahlen organisieren, bei denen er selbst nicht antreten darf.

Nach Bouteflikas überfälligem Rücktritt hatte der Verfassungsrat vergangene Woche die "definitive Vakanz" des Postens festgestellt und damit formell Artikel 102 der Verfassung angerufen. Gestern, Dienstag, traten – wie in dem Passus vorgesehen – beide Parlamentskammern zusammen und bestätigten Bensalah im Amt. Die trotzkistische Arbeiterpartei, die linke Front Sozialistischer Kräfte und die moderat islamistische MSP hatten die außerordentliche Parlamentssitzung allerdings boykottiert und damit auf die Kritik an dieser von alten Regimekadern kontrollierten Übergangsphase seitens der seit Wochen auf Algeriens Straßen demonstrierenden Protestbewegung reagiert.

Weggefährte Bouteflikas

Denn mit Bensalah ist ein langjähriger Weggefährte Bouteflikas aus der zweiten Reihe in dieser so wichtigen politischen Übergangsphase mit dem mächtigen höchsten Staatsamt betraut worden. Bensalah entstammt der vormaligen Regierungspartei RND des Mitte März entlassenen Expremierministers und im Land verhassten Ahmed Ouyahia.

Auch der erst im Februar von Bouteflika ernannte Präsident des Verfassungsrates, Tayeb Belaïz, und Algeriens Regierungschef Noureddine Bedoui gehören zur alten Garde des hochgradig fragmentierten Regimes, das das Land bereits seit Jahrzehnten autoritär regiert.

Zwar hatte sich dieses Regime mit Bouteflikas Rückzug dem Druck der Straße gebeugt, es will jedoch um jeden Preis die Kontrolle über den Übergangsprozess behalten und damit Zugeständnisse an die auch gestern wieder landesweit demonstrierende Protestbewegung vermeiden. Bei den Protestmärschen der Studenten gingen Polizeikräfte am Dienstag deutlich ruppiger gegen die Demonstranten vor als in den vergangenen Wochen. An der Place Audin im Stadtzentrum von Algier setzten sie Tränengas und Wasserwerfer ein. Mehrere Protestierende wurden verhaftet.

Machtkämpfe im Halbdunkel

Derweil toben in Algerien hinter den Kulissen bisher wenig durchsichtige Machtkämpfe innerhalb des Militär- und Sicherheitsapparats. Armeechef und Vizeverteidigungsminister Ahmed Gaïd Salah wird dabei immer mehr zur zentralen Figur und baut offenbar seinen Einfluss weiter aus. Nach Informationen der Nachrichtenseite TSA Algérie hatte Gaïd Salah am Wochenende die zuvor dem Präsidentenpalast untergeordnete Geheimdienstdirektion DSS dem Oberkommando der Armee unterstellt.(Sofian Philip Naceur, 10.4.2019)