Zigarettenstummel: Sie sehen nicht gut aus, riechen nicht gut und sind umweltschädlich.

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Wien – Sie landen in der Toilette oder werden achtlos auf die Straße geworfen. Nach Veranstaltungen sind Wiesen mit ihnen geradezu übersät. Kleinkinder graben sie regelmäßig aus Sandkisten aus, wie auch Vögel und Fische nach ihnen schnappen, um meist wenig später daran zu verenden.

Zigarettenstummel säumen die Wege der Raucher. Allein in Österreich werden jährlich gut 16 Milliarden Tschick geraucht. 1,6 Millionen Menschen greifen regelmäßig zur Zigarette. Nur wenige machen sich die Mühe, die Stummel über Aschenbecher im Abfall zu entsorgen. Allein in Wien enden jährlich gut 868 Millionen Kippen auf dem Boden. Weltweit werden 80 Prozent der Zigarettenfilter, das sind 4,5 Billionen Stück, unsachgemäß in der Natur entsorgt, erhob die Justus-Liebig-Universität in Gießen.

Einwegartikel aus Kunststoff

Der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge machen diese bereits 30 bis 40 Prozent des Gesamtmülls aus, der in den Städten vom Boden aufgesammelt wird. Die Stummel sind die am zweithäufigsten weggeworfenen Einwegartikel aus Plastik – und wiegen damit weit schwerer als Sackerl.

Heute, Mittwoch, stehen sie im österreichischen Parlament auf der Tagesordnung des Umweltausschusses. Bruno Rossmann, Klubobmann der Liste Jetzt, bringt einen entsprechenden Entschließungsantrag ein. Dieser fordert die Bundesregierung auf, zügig eine Informationskampagne über die Schädlichkeit von Zigarettenfiltern in der Umwelt in die Wege zu leiten. Rossmann vermisst in der Politik wie bei Konsumenten bisher das nötige Problembewusstsein.

Zerfall zu Mikroplastik

Umweltorganisationen warnen seit langem vor dem Fingerschnipser, mit dem sich Raucher ihrer Zigaretten in der Natur oder über die Kanalisation entledigen. Die harmlos anmutenden wattigen Filter bestehen aus Kunststoff und sind äußerst robust. Anstatt zu verrotten, zerfallen sie zu Mikroplastik. Was sie zu Sondermüll macht, sind Inhaltsstoffe wie Teer, Nikotin, Blei, Arsen, Blausäure und Dioxin. In Summe belasten Tausende in ihnen enthaltene Chemikalien und Schwermetalle das Ökosystem. Diese werden vom Wasser ausgewaschen, reichern sich in Böden und im Grundwasser an. US-Studien legten offen, dass ein Stummel pro Liter Wasser genügt, um die Hälfte der darin schwimmenden Fische zu töten. Ebenso reiche eine Kippe aus, um in einem Gewässer 1000 Liter zu verunreinigen.

Die Plastikfilter sind EU-weit in Diskussion, sagt Josef Prirschl, Obmann der Trafikanten. Er sieht den Ball jedoch vor allem bei der Industrie. Die zentrale Frage sei, ob verträglichere Alternativen dazu technologisch möglich seien. Was die Wegwerfmentalität der Raucher in Österreicher betrifft, so stellt er ihnen gute Zeugnisse aus. Wien sieht er ob der vielen Mistkübel als Vorbild. Wobei es in Summe, wie er meint, auf Raucherplätzen an Aschenbechern sicher noch mangle – vor Lokalen etwa und Schulen.

Plastiksackerl in der Warteschleife

Lieber als mit kunststoffhaltigen Tschick beschäftigt sich Österreich bisher mit dem Plastiksackerl. Auf politisch hochgradig besetzten Gipfeln kündigte die Regierung ein weitreichendes Verbot an. Das ist nunmehr vier Monate her. Die Details dazu sind weiter in der Schwebe. Der ministerielle Begutachtungsentwurf ist noch nicht fertig, heißt es auf Anfrage aus dem Büro von VP-Umweltministerin Elisabeth Köstinger.

Umweltorganisationen sehen darin klare Verzögerungen und sind verärgert. "Es ist genug der Inszenierung, wir wollen endlich konkrete Vorschläge auf den Tisch", sagt Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer. Jene Pläne über die Ausgestaltung des Sackerlverbots, die bisher durchsickerten, sorgen nicht gerade für Euphorie: Greenpeace befürchtet, dass sie keinen gesetzlich festgesetzten Mindestpreis für Alternativen zum Plastiksackerl enthalten. Was für die Umwelt aus ihrer Sicht fatal wäre: Denn Wegwerfplastik würde letztlich schlicht durch Papier oder Bioplastik ersetzt werden.

Fix ist, dass Köstinger eine Machbarkeitsstudie für Pfandsysteme für Getränkeverpackungen in Auftrag geben will. Ausgespart werden dabei Mehrwegsysteme, klagt Rossmann. Branchenkenner orten hier erheblichen Widerstand aus der Industrie. (Verena Kainrath, 10.4.2019)