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Ist Fed-Chef Jerome Powell verrückt, wahnsinnig oder einfach völlig daneben? Für US-Präsident Donald Trump trifft alles zu.

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In der Geschichte der USA gab es kaum einen Präsidenten, der nichts an der Arbeit der Fed auszusetzen hatte, der Federal Reserve, der Notenbank. Alan Greenspan, der die Fed von 1987 bis 2006 leitete und dem gleich vier Präsidenten, von Ronald Reagan über George H. W. Bush und Bill Clinton bis hin zu George W. Bush, ins Handwerk zu pfuschen versuchten, hat es einmal mit feiner Ironie auf den Punkt gebracht.

Jeder Präsident, bemerkte er lächelnd, glaube besser als die Fed zu verstehen, wie Märkte funktionieren und welcher Leitzins der richtige sei. Dabei erinnere er sich an keinen einzigen Fall, in dem einer dieser Präsidenten gesagt habe, die Zinsen seien zu niedrig, weshalb man sie schnellstens anheben müsse.

Konjunktur nicht abwürgen

So gesehen passt nur ins Bild, was Donald Trump von der Zentralbank fordert: dass sie den Leitzins wieder senkt, um den Konjunkturmotor nicht abzuwürgen. Was Trump allerdings von all seinen Vorgängern unterscheidet, ist die verbale Brechstange, zu der er greift – nicht etwa hinter den Kulissen, sondern in aller Öffentlichkeit. Mal bezeichnete er die Fed als "verrückt", mal als "wahnsinnig", mal als "völlig daneben", weil ihr Direktor Jerome Powell klarstellte, dass er sich politischem Druck nicht zu beugen gedenkt. Hinter den verschlossenen Türen des Weißen Hauses, so berichtete es der Nachrichtendienst Bloomberg, soll er Juristen bereits gefragt haben, ob er Powell entlassen könne, einen eher konservativen Finanzexperten, den er selbst ernannt hatte.

Nun versucht er die Bank an die Kandare zu nehmen, indem er zwei frei werdende Sitze im Federal Open Market Committee, dem zwölfköpfigen Führungsgremium, mit Loyalisten besetzt. Trump will politische Verbündete nominieren, an deren Eignung Fachleute Zweifel anmelden.

Auf Steuerschuld vergessen

Der eine, Stephen Moore, ein Medienkommentator, hat im Wahlkampf an den Steuerplänen des Kandidaten Trump mitgearbeitet. Einst gründete Moore den Club for Growth, ein konservatives Netzwerk, nach dessen Überzeugung der Staat allenfalls minimal ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen darf. Ins Gerede kam er, als vor ein paar Tagen bekannt wurde, dass er dem Fiskus 75.000 Dollar an Steuern schuldet, in seiner Version keineswegs Absicht, sondern die Folge eines kleinen Fehlers.

Der zweite Anwärter, Herman Cain, hat sich 2012 erfolglos um die republikanische Kandidatur fürs Oval Office beworben. Ein Präsident Cain, verkündete er damals, würde sämtliche Steuergesetze einstampfen und den Paragrafendschungel durch eine simple Formel ersetzen. "9-9-9": pauschal neun Prozent bei der Einkommens-, Unternehmens- und der Verkaufssteuer, die in etwa der europäischen Umsatzsteuer entspricht.

Schrittweise Schwächung

Nun dürften zwei Populisten in einer Zwölferrunde die Fed nicht gleich dazu bringen, die Richtung zu ändern. Auf kurze Sicht, kommentiert die Financial Times, sollte Notenbankchef Powell kein Problem haben mit zwei abweichenden Stimmen. Die wahre Gefahr bestehe darin, dass Trump ihn schrittweise schwäche, um ihn irgendwann abzusägen. In den Augen des Präsidenten stellt ein Zentralbanker, der auf die Unabhängigkeit seiner Institution pocht, ein Risiko dar. Will er wiedergewählt werden, braucht er wohl hohe Wachstumsraten, möglichst jene drei bis vier Prozent, die er selbst versprochen hatte. Doch der Adrenalinstoß der 2017 beschlossenen Steuersenkungen verliert allmählich an Wirkung, während sich seine Zollkeule, Drohungen mit zusätzlichen Zöllen, als Bumerang erweist, da sie weltweit die Verunsicherung schürt. (Frank Hermann aus Washington, 10.4.2019)