Benjamin Netanjahu in Siegerpose.

Foto: APA/AFP/THOMAS COEX

Gemessen an den Mandaten mag das Duell zwischen Benjamin Netanjahu und Benny Gantz unentschieden ausgehen. Dennoch war der israelische Langzeitpremier als klarer Sieger der Parlamentswahl festgestanden, noch bevor der Herausforderer am Mittwochabend seine Niederlage einräumte. Denn das rechte Lager liegt weit vor dem Mitte-links-Block. Nur Netanjahu hat die Aussicht auf eine Mehrheit in der Knesset, und niemand kann eine Regierung gegen ihn bilden. Er ist auf dem Weg, der längstdienende Regierungschef in der Geschichte Israels zu werden.

Schützenhilfe aus Washington und Moskau

Der Ausgang der Wahl mag gerade Beobachtern in Europa nicht schmecken, aber er ist in vieler Hinsicht verdient. Israels Wirtschaft floriert, die Sicherheitslage ist besser denn je, und Netanjahu hat sich erneut als stärkster Wahlkämpfer erwiesen. Er erhielt Schützenhilfe von Donald Trump, der die Annexion der Golanhöhen anerkannte, und sogar von Wladimir Putin, der die Rückgabe der leiblichen Überreste eines 1982 im Libanon gefallenen Soldaten ermöglichte.

Die Mehrheit der Israelis teilt heute Netanjahus Opposition zu einem Palästinenserstaat ebenso wie seine Todfeindschaft mit dem Iran. Die massiven Korruptionsvorwürfe gegen ihn hat der Premier erfolgreich als Hetzjagd der linken Medien und einer politisierten Justiz dargestellt. Auch die Dämonisierung und Einschüchterung der israelischen Araber war erneut erfolgreich: Ihre Wahlbeteiligung, sie machen ein Fünftel der Wählerschaft aus, ging dramatisch zurück.

Gantz' Erfolg auf Kosten anderer linker Parteien

Der Erfolg von Gantz' Blau-Weiß-Bündnis ging auf Kosten anderer linker Parteien; den Rechtsruck der israelischen Politik konnte es nicht stoppen. Auch einige rechte Kleinparteien verloren stark, was Netanjahu die Regierungsbildung erleichtern sollte. Er ist die unumstrittene Nummer eins im dominierenden politischen Lager.

Aus den USA könnte nun Druck auf Netanjahu ausgeübt werden, eine große Koalition mit Gantz zu bilden statt erneut ein Bündnis mit ultrarechten und religiösen Parteien. Eine solche Regierung könnte den Dialog mit den Palästinensern wiederaufnehmen und so dem kommenden US-Friedensplan eine Chance geben – und außerdem den Einfluss der Ultrareligiösen im Land zurückdrängen.

Doch das kommt für Netanjahu nicht infrage. Erstens fühlt er sich als Stimme der Vernunft in einer Regierung der Radikalen wohler als in einer Koalition mit Gemäßigten. Außerdem braucht er Verbündete, die ihn im Amt halten, wenn die Staatsanwaltschaft im Juni tatsächlich Anklage gegen ihn erhebt – wenn notwendig, durch eine Gesetzesänderung, die dem Premier Immunität verleiht. Für einen solchen Schachzug braucht er seine bisherigen Partner.

Die Wahl hat eine Bestätigung des Status quo gebracht, an dem ein Großteil der israelischen Gesellschaft nicht rütteln will. Auch in Washington, Moskau und vielen arabischen Hauptstädten ist man zufrieden. Israel bleibt schwierig, oft irritierend, aber berechenbar. Selbst vielen Gegnern des jüdischen Staates ist ein kompromissloser Rechtspopulist mit starken antidemokratischen Zügen lieber als ein liberaler Friedensstifter mit moralischen Ansprüchen.

Bloß für die Palästinenser bleibt die Lage düster – und ebenso für jene schwindende Zahl an liberalen und aufgeklärten Israelis, die in ihrem Staat einst ein demokratisches Vorbild für die ganze Welt sehen wollten. (Eric Frey, 10.4.2019)