In Europa assoziieren viele Belize nur mit seinen traumhaften Stränden und Tauchrevieren. Dabei gibt es auch blutige Konflikte. Der Streit mit dem benachbarten Guatemala dreht sich um fast die Hälfte des Staatsgebietes.

Foto: afp/Pedro Pardo

Die Grenze zwischen Belize und Guatemala verläuft schnurgerade, 260 Kilometer lang. Seine Unabhängigkeit von Großbritannien erlangte die ehemalige Kolonie Belize vor 38 Jahren. Der zwei Jahrhunderte zurückgehende Grenzstreit mit dem Nachbarn Guatemala ist damit trotzdem noch lange nicht entschieden. Am Mittwoch hätte das kleine Land in Mittelamerika einer Lösung ein Stück näher kommen können. Die Regierung wollte das Volk entscheiden lassen. Aber das geplante Referendum wurde verschoben.

Hintergrund ist ein weit in die Kolonialgeschichte zurückgehender Streit, der 2016 blutige Folgen hatte. Guatemala beansprucht knapp die Hälfte des Territoriums von Belize, das außer an Guatemala im Norden an Mexiko und im Osten an das Karibische Meer grenzt. Es geht um rund 11.000 Quadratkilometer im Süden des Landes und die Frage, ob der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag als Schiedsrichter hinzugezogen werden soll.

Die Schatten der Kolonialzeit

Der Konflikt mit Guatemala geht weit in die Geschichte der beiden mittelamerikanischen Nachbarländer zurück. Belizes Unabhängigkeit hatte Guatemala Anfang der 90er-Jahre zwar anerkannt, die aktuelle Grenze jedoch nicht. Diese wurde schon 1859 in einem Vertrag zwischen Großbritannien und Guatemala festgelegt.

Der Vertrag enthielt auch einen Artikel, der die Bemühungen beider Länder festschrieb, eine Straße zwischen Guatemala-Stadt und der karibischen Küste zu bauen. Weil das nicht geschah, machte Guatemala Großbritannien dafür verantwortlich und erklärte den Grenzvertrag 1946 für nichtig.

Den offiziellen Informationen der belizischen Regierung zum Referendum zufolge sollte der Streit schon damals vor dem Internationalen Gerichtshof geklärt werden. Dazu kam es jedoch nie.

13-Jähriger getötet

2016 eskalierte der Streit der beiden Nachbarländer, als Soldaten aus Belize in der umstrittenen Grenzregion einen 13-jährigen Guatemalteken erschossen. Belizes Regierung erklärte damals, ihre Soldaten seien angegriffen worden und hätten in Notwehr gehandelt.

Auch Belizes Öffentlichkeit bewegt das Thema, das trotz seines geschichtlichen Ursprungs hochaktuell bleibt. So vermeldete ein belizisches Onlineportal, der guatemaltekische Präsident Jimmy Morales habe Schülern beim Besuch einer Schule in Izabal, Guatemala, beigebracht, die Landkarte des Landes zu malen und Belize einzuschließen.

Guatemala geht es um territoriale Ansprüche auf Festland, Inseln und Gewässer. Im Hintergrund ist die alte Forderung einer Verbindung Guatemalas zum Karibischen Meer.

Das Volk soll entscheiden

In Guatemala war bereits vor einem Jahr abgestimmt worden: Im April 2018 entschieden die Guatemalteken, dass der Internationale Gerichtshof den Grenzstreit klären solle. Mehr als 95 Prozent der Wählenden stimmten mit Ja, also für eine Verhandlung vor dem IGH, wenngleich Medien von einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung berichteten.

Entsprechend einer von Belize und Guatemala unterzeichneten Abmachung aus dem Jahr 2008 muss nun auch in Belize das Volk über die Zukunft des Streits entscheiden. Verschoben werden musste das Referendum aufgrund einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung, die die Opposition beantragt hatte.

Zweiter Anlauf

Einen zweiten Anlauf soll es nun in sechs bis acht Wochen geben. Belizes Premierminister Dean Barrow verkündete, er habe sich bemüht, dass seine Kampagne für ein Ja zum Referendum über Parteigrenzen hinweg reiche, schreibt "Amandala", Belizes Zeitung mit der größten Reichweite. Ganz aufgegangen zu sein scheint das nicht. Barrow, der der konservativen United Democratic Party angehört, habe betont, die belizische Bevölkerung müsse unbedingt in dieser fundamentalen Frage entscheiden.

Mehr als nur ein Taucherparadies

In Europa ist Belize nicht unbedingt für seine Kolonialgeschichte, sondern vor allem als Urlaubsparadies bekannt. Vor der Küste des kleinen Landes ist das zweitgrößte Korallenriff weltweit. Vom Taucherplatz Great Blue Hole gibt es traumhafte Bilder.

Nach seiner Zeit als Kolonie Großbritanniens (damals hieß das heutige Belize zunächst noch Britisch-Honduras) ist Belizes Amtssprache weiterhin Englisch. Auch Spanisch wird viel gesprochen – ein Relikt aus der Zeit der spanischen Eroberer, die vor der Ankunft der Briten Mittelamerika für sich beanspruchten. Belize, das heute rund 390.000 Einwohner hat, erhielt seine Unabhängigkeit 1981. Staatsoberhaupt der parlamentarischen Monarchie ist weiterhin die britische Queen. (Milena Pieper, 10.4.2019)