Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) initiierte ein internationales Symposium, um die Bedingungen von Wiens freier Szene zu verbessern

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Befristete Anstellungen, unterbezahlte Projektarbeit und mangelnde soziale Absicherung gehören in der Praxis zur freien Kunst- und Kulturszene wie die Henne zum Ei. Auch in Wien sind sogenannte atypische Beschäftigungsverhältnisse für jene Künstler und Kulturarbeiter mittlerweile die Regel, die nicht bei etablierten Institutionen angestellt sind.

Nachdem sich mehrere europäische Städte des Problems angenommen und soziale Mindeststandards in der Förderpraxis etabliert haben, zeigte die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) Initiative und veranstaltete ein internationales Symposium. Zur Verbesserung der prekären sozialen Lage der Kunst- und Kulturarbeiter sollten in diesen zwei Tagen "konkrete Ideen und Strukturen für Wien" erarbeitet werden.

Zusammenschluss der Szene

Am Werk waren die jeweiligen Interessenvertretungen der Sparten selbst. Sie wählten Experten aus jenen Städten, die Wien als Vorbild gelten: allen voran Berlin. Dort gibt es seit dem Jahr 2014 sogenannte Mindesthonorare, die Fördergeber bei Antragstellung beachten und so garantieren, dass sich die freien Kunst- und Kulturarbeiter durch gegenseitiges Unterbieten nicht zu sehr selbst ausbeuten.

Um das zu erreichen hat sich in Berlin die "Koalition der freien Szene" gebildet. Die Experten aus Berlin haben eine solche spartenübergreifende Allianz der Kunst- und Kulturarbeiter als entscheidende Maßnahme vorgestellt. Diese habe es in Berlin geschafft, einerseits als gemeinsames Sprachrohr die Fördergeber von sozialen Mindeststandards zu überzeugen und andererseits eine ausgeprägte Solidarität innerhalb der Kunst- und Kulturarbeiter herzustellen.

Ein derartiges Bündnis gibt es in Wien noch nicht. Das machte sich auch am Symposium bemerkbar: So manch kulturpolitische Forderungen, die in den zwei Tagen von den jeweiligen Interessenvertretungen artikuliert wurden, gaben keine Antwort, wie man am gemeinsamen Strang zu ziehen hat. Dampf ablassen über den ORF, der in Bundeskompetenz fällt, oder ein Vortrag von Listen an altbekannten Forderungen, nahmen etwas vom frischen Wind, der mit dieser Veranstaltung einsetzte.

Gelobte Dialogbereitschaft

Beim Abschlussplenum des Symposiums stand der langersehnte Dialog im Mittelpunkt. Endlich würden sich Fördergeber und Bittsteller auf Augenhöhe treffen, hieß es unter tobendem Applaus. In der internationalen Diplomatie mag ein solches Statement gegen Ende von Verhandlungen über inhaltliche Differenzen hinwegtäuschen wollen, für die freie Kunst- und Kulturszene in Wien bedeutet die momentane Dialogbereitschaft des Wiener Kulturressorts viel: Improvisierte Arbeitsgruppen mit Vertretern der MA 7 in den Gängen des Wiener Gartenbaukinos, dürfte es tatsächlich noch nie gegeben haben.

Was nun von dieser Initiative bis zu den kommenden Wahlen in der Praxis umgesetzt wird, muss sich erst zeigen. In Berlin hat die Einführung von Mindesthonoraren rund zehn Jahre gedauert. Das weiß auch Kaup-Hasler, die in der Diskussion mehrmals um Geduld und Verständnis bat. (Laurin Lorenz, 10.4.2019)