Vor allem die Fasern von Schutzkleidung verewigen sich auf Gletschern. Anders als diese Besucherkolonne haben Forscher bei ihrer Gletscherbegehung daher auf Baumwollkleidung und Holzpantoffeln gesetzt.
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Wien – Unerfreuliches haben Forscher um Roberto Sergio Azzoni von der Universität Mailand zu berichten: Aufgrund des Bergtourismus finde man auf touristisch erschlossenen Gletschern mittlerweile so viel Mikroplastik wie an den Meeresstränden oder am Ozeanboden. Ihre Ergebnisse stellten sie auf der derzeit in Wien stattfindenden Generalversammlung der European Geosciences Union (EGU) vor.

Die Untersuchung

Azzonis Team untersuchte die Oberfläche des Forni-Gletschers im Nationalpark Stilfserjoch auf Plastikpartikel. Dieser Gletscher ist mit derzeit knapp elf Quadratkilometern einer der größten und meistbesuchten Italiens. Damit sie ihre Proben sauber ziehen konnten und nicht kontaminierten, wanderten die Forscher mit grüner OP-Kleidung aus reiner Baumwolle und Holzpantoffeln auf dem Eis herum und steckten den Oberflächenfirn mit Metalllöffeln in Glasflaschen ohne Plastikdeckel.

Im Labor bestimmten sie die Menge der Plastikteile in den Firnproben und untersuchten, um welches Material mit welcher Struktur es sich handelt. Auf dem Gletscher sind pro Kilogramm Ablagerung 74 Plastikteilchen zu finden, berichten sie. Das sind ähnlich viele Mikroplastik-Teilchen,wie am Meeresboden und an den Küsten gefunden werden. Ihren Berechnungen zu Folge liegen am ganzen Forni-Gletscher 131 bis 162 Millionen Plastikpartikel.

Was das so herumliegt

Die Forscher fanden alle möglichen Sorten von Kunststoff – wie Polyester, Polyamid, Polyethylen oder Polypropylen. Zwei Drittel der Teilchen hatten Faserform und stammen daher von der Funktionskleidung der Bergtouristen, so Azzoni. Das restliche Drittel sind kleine Fragmente, die wohl teils vom Wind in die Höhe verfrachtet, teils ebenfalls von den Bergsteigern dort hin gebracht wurden.

Einmal am Berg angekommen, verschwindet das Mikroplastik von dort kaum mehr, sagt Azzoni. Der Gletscher habe eine große Fläche, wo er den Unrat quasi einsammelt, aber es gäbe kaum Abtragung durch Gletscherfluss und -Schmelzen. (APA, red, 11. 4. 2019)