Sieht lustig aus, hat aber keinen Humor: Hellboy – Call of Darkness.

Foto: Constantin Film

Die Katzen fehlen. In Guillermo del Toros Hellboy-Verfilmungen von 2004 und 2008 lernte die breitere Weltöffentlichkeit den dämonischen Dämonenjäger als Zigarren- und eben auch Stubentiger-Aficionado kennen. Ein Monster- und Sprücheklopfer, unter dessen krebsroter Schale der weiche Kern eines zweifelnden Außenseiters zu erkennen war. In Neil Marshalls Hellboy – Call of Darkness, ist für die Maunzer kein Platz mehr. Beim Höllenbuben hat es sich ausgekuschelt.

Was in der neuen Adaption der von Mike Mignola geschaffenen Comic-Welt ebenfalls fehlt, sind die Augen vieler Gestalten. Bereits in der ersten Einstellung ist ein Rabenvogel beim Glubscherpicken zu beobachten und auch später sind zugenähte Augenlider und aus ihren Höhlen baumelnde Augäpfel ein beliebtes Motiv.

Hoher Grausfaktor

Sigmund Freud, der die Angst vor dem Verlust der Sehorgane in E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann mit Kastrationsangst gleichsetzte, dürfte hier seine eigenen Schlüsse ziehen. Da sich die Witze zur Doppelschwänzigkeit des Antihelden in erträglichen Grenzen halten, ging es vermutlich aber nur darum, den Grausfaktor ordentlich zu erhöhen.

Dieser neue Hellboy begründet seine Existenz schließlich primär damit, als Altersempfehlung für den amerikanischen Markt ein R-Rating angestrebt zu haben. Diese Einstufung, die Unter-17-jährigen einen Kinobesuch nur in Begleitung eines Erwachsenen erlaubt, hatten Filmstudios bisher eher vermieden. Durch die immens erfolgreichen Deadpool-Filme wurde aber eine Pforte aufgestoßen, um auch weniger Erbauliches auf die Leinwand zu bringen. Zielten die Sprüche und Schnetzeleien von Deadpool noch auf den komischen Effekt, so will der neue Hellboy das Fürchten lehren.

Der Trailer für die Finsternis.
Universum Film

In der Titelrolle sieht David Harbour aus wie eine ungesunde Mischung aus Lemmy Kilmister und dem US-amerikanischen Wrestler The Undertaker. 1944 hatten ihn die Nazis von Rasputin in unsere Welt rufen lassen, eine Schießerei später nahmen Hellboy jedoch die Amerikaner in ihre Obhut, um ihn nun gegen paranormale Erscheinungen kämpfen zu lassen.

"Blutkönigin"

Die aktuelle Erscheinung heißt Nimue, die Blutkönigin, wird von Milla Jovovich in wehenden Seidenkleidern gespielt und hat schlechte Laune. König Artus hatte sie nämlich einst in mehreren Kisten verpackt in seinem Reich verteilt, was es ihr über hunderte Jahre äußerst schwer machte, sich am Rücken oder andernorts zu kratzen. Von einem anthropomorphen Warzenschwein wieder zusammengebaut, will sie nun die Menschheit vernichten und im Idealfall Hellboy an ihrer Herrscherinnenseite wissen.

Um ein wenig Tiefgang vorzutäuschen, darf der dauergrantige Halbdämon kurz grübeln, ob er sich Menschen oder Monstern näher fühlt. Am Ende heißt es für den im Staatsdienst befindlichen Hornträger aber: Dienst nach Vorschrift. Unter lautem Getöse wechselt er so in einem fort zwischen Londoner City und Märchenwald. Teile Ersterer werden pflichtschuldig in Schutt und Asche gelegt. Im Wald gefällt zumindest das auf Hühnerbeinen gehende Haus der Baba Jaga. Das könnte einem Anime des japanischen Regisseurs Hayao Miyazaki entsprungen sein, tatsächlich entstammt es aber der slawischen Mythologie.

Ohne Herz und Humor

Eine sich aus dem Handlungsverlauf ergebende Notwendigkeit dieser und anderer Episoden aus dem umfangreichen Hellboy-Kanon fehlt das Überbordende des Schauerromantikers Guillermo del Toro. Vor allem fehlt aber etwas Herz und Humor, das diesem nichtssagenden Hochglanzgemetzel ein wenig Leichtigkeit verleihen würde. Nur einen selbstreferentiellen Schmäh erlaubt man sich, wenn kurz von einem Sequel gesprochen wird. Dies kann freilich auch weniger als Witz denn als Drohung interpretiert werden. (Dorian Waller, 11.4.2019)