Der Betriebsrat des deutschen Softwareriesen SAP hat den geplanten Stellenabbau als zu rigoros und kurzsichtig kritisiert. "In den USA sind ganze Standorte dichtgemacht worden und es fehlten von heute auf morgen Ansprechpartner. Da ist viel Kredit verspielt worden", sagte SAP-Betriebsratsmitglied Eberhard Schick der Nachrichtenagentur Reuters auf Anfrage.

Das wertvollste europäische Technologieunternehmen hatte Ende Jänner angekündigt, rund 4.400 Stellen abbauen zu wollen. Seither kommt der Konzern nicht zur Ruhe. Unter anderem verließen hochrangige Tech-Experten das Unternehmen, und zwei Vorstandsmitglieder kehrten SAP den Rücken.

Ablauf

Während der Stellenabbau in Deutschland erst in dieser Woche angelaufen ist und sich Interessierte registrieren lassen können, sind in den USA bereits Fakten geschaffen worden. Schick, einer der Gründer des SAP-Betriebsrats, kritisierte: "Know-how ist einfach weg, was man durchaus noch gebraucht hätte. Das zeigen ja auch die Rückholaktionen, von denen man im Nachgang erfahren hat."

SAP betonte, es handle sich um ein Restrukturierungsprogramm mit Weitsicht, das aus einer "Position der Stärke" vorgenommen werde. Die Behauptung treffe nicht zu, dass durch das Programm Wissen verloren gehe – zumal sich SAP vorbehalte, Mitarbeitern den Weggang auch zu verweigern. Trotz der Abgänge werde SAP am Jahresende mehr als 100.000 Mitarbeiter zählen, teilte SAP in einer Reaktion mit. Ende 2018 waren es 96.500.

Zeitablauf

In Deutschland wird es laut Schick noch bis Sommer dauern, bis letztlich feststeht, wie viele Leute im Rahmen des Freiwilligen- und Vorruhestandsprogramms gehen. Laut SAP sollen es rund 1.200 sein. "In Deutschland geht jetzt gerade bei den Älteren die große Rechnerei los. Viele haben da die goldenen SAP-Jahre mitgemacht und sind entsprechend teurer als jüngere Mitarbeiter. Die Branche ist einem Jugendwahn verfallen. Es mangelt bei SAP an systematischen Weiterbildungen für Anfang 50-Jährige. Das ist kurzsichtig", kritisierte Schick. SAP erklärte, fünf Generationen hätten bei dem Konzern in der Vergangenheit gearbeitet und würden dies auch heute tun. (APA, 11.4.2019)